BDP-Presseerklärung Nr. 1 /02
Mehr Sicherheit für den Verbraucher
Nach mehrjährigen Verhandlungen ist die DIN für Eignungstestverfahren beschlossene Sache
Immer mehr Personalentscheidungen in Deutschland fallen nach Eignungstestverfahren. Der Markt ist groß, Qualitätskontrolle schwierig. Nach mehrjährigen Bemühungen ist jetzt die DIN Norm 33 430 verabschiedet worden, die diesen Zustand maßgeblich zugunsten der Verbraucher verändern soll. Sie verdeutlicht Ansprüche an Eignungsverfahren und Anwender, macht es Scharlatanen auf dem Markt künftig schwerer und ist durch den Verzicht auf bürokratische Überfrachtungen für Unternehmen dennoch gut handhabbar.
In ihrer endgültigen Form wird die Norm voraussichtlich im Frühsommer 2002 veröffentlicht werden. Anwender, Auftraggeber und Bewerber bekommen damit Standards für den Einsatz psychometrischer Verfahren in die Hand, die eine wichtige Handlungs- und Entscheidungshilfe darstellen. Der Anwender erhält durch sie Richtlinien für seine berufliche Tätigkeit auf dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik. Wer um Qualität bemüht war uns ist, wird sich die Norm rasch zu eigen machen. Für die Auftraggeber, also Betriebe und Behörden, fällt die Entscheidung unter den zahlreichen Dienstleistern leichter, indem die Norm die Spreu vom Weizen trennt. Die oft nicht geringe Investition in einen Test führt mit größerer Wahrscheinlichkeit zum gewünschten Erfolg. Ob Bewerber mit ihren ganz unterschiedlichen Kenntnissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Persönlichkeitsmerkmalen für eine bestimmte Aufgabe die optimale Besetzung sind, kann jetzt seriöser und objektiver ermittelt werden. Der Bewerber schließlich kann sicher sein, bei Einsatz eines DIN-gerechten Verfahrens in seiner Würde nicht verletzt und fair beurteilt zu werden.
Initiator der DIN-Norm war vor sechs Jahren der Berufsverband Deutscher Psychologen. Von ihm und der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs) wurde die Arbeit im Ausschuss des Deutschen Instituts für Normung im wesentlichen getragen. Schwierigkeiten bereitete nicht nur die Formulierung von Maßstäben auf wissenschaftlicher Grundlage. Als komplizierter erwies es sich, wissenschaftlich begründete Kriterien einerseits und Handhabbarkeit in den Unternehmen andererseits unter einen Hut zu bringen. Das Ziel, am Ende eine von der Praxis begrüßte und in der Praxis funktionierende Norm zu beschließen, verloren die Beteiligten auch während zum Teil scharfer Auseinandersetzungen niemals aus den Augen. Prof Lutz Hornke, Obmann des Normenausschusses, bedankte sich in der Abschlusssitzung Mitte Januar bei allen 14 Ausschussmitgliedern für die Arbeit und die harten, in jeder Phase jedoch konstruktiven inhaltlichen Auseinandersetzungen.
Auch Prof. Günter Schmitt, der im Auftrag des BDP an der Norm mitgearbeitet hatte, würdigte die konstruktive Atmosphäre. Die inhaltlichen Differenzen seien zu keinem Zeitpunkt unüberwindbar gewesen. Anerkennung für das beträchtliche finanzielle und personelle Engagement des BDP äußerte Prof. Rainer Silbereisen, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychologie.
In den nächsten Monaten sollen Maßnahmen zur Zertifizierung von Testanwendern eingeleitet werden. Interessierten Unternehmen werden die DGPs und der BDP Informationsmaterial sowie persönliche Beratung und Vorträge anbieten, damit die Norm so rasch wie möglich Eingang in den wirtschaftlichen Alltag findet. Langfristig ist auch an die Vorbereitung einer möglichen europäischen Norm gedacht. Nach der Entwicklung eines Online-Siegels zur psychologischen Beratung im Internet ist dem Verband damit kurz hinter einander ein zweiter wichtiger Schritt zur Qualitätssicherung psychologischer Arbeit gelungen.
DIN 33430 vom Ausschuss verabschiedet
Am 12. Januar 2002 wurde die DIN-Norm 33430 endgültig vom Ausschuss beraten und im Beisein der Vizepräsidentin des BDP, Frau Carola Brücher-Albers, und dem Präsidenten der DGPs, Prof. Dr. Rainer Silbereisen, verabschiedet.
Damit hat die Kommission ihre Diskussionen und Textarbeiten an einer Norm zu Anforderungen an Verfahren und deren Einsatz bei berufsbezogenen Eignungsbeurteilungen abgeschlossen. In den nächsten Wochen wird die Endfassung formal vom DIN geprüft und dann im Frühsommer endgültig veröffentlicht. Die Arbeiten hierzu begannen in 1995 mit Vorgesprächen, zu denen der BDP eingeladen hatte, der sich die Qualitätssicherung im Bereich der psychologischen Diagnostik zur besonderen Aufgabe machen wollte. Zunächst nahmen daran nur Mitglieder des Präsidiums des BDP, des Testkuratoriums und Kollegen aus Organisationen teil, denen Qualitätssicherung auf diesem Gebiet ein persönliches Anliegen war.
Die vom DIN, Berlin, moderierten Sitzungen machten jedoch deutlich, dass eine Qualitätssicherung einerseits Aufgabe eines Normungsausschusses sein kann, zu dem andererseits öffentlich zur Mitwirkung aufgerufen werden sollte. Beides garantiert, dass alle interessierten Kreise sich zu Wort melden können, um ihre Vorstellungen vorzutragen und letztlich eine konsensuelle Fassung zu erstellen.
So kam es am 9. Juni 1997 zur Gründungssitzung des Ausschusses, der im DIN-Fachbereich Nahrung, Genussmittel und Dienstleistungen angesiedelt war. Ihm gehörten Vertreter des BDP, der DGPs, der Deutschen Gesellschaft für Personalwesen, der Bundesanstalt für Arbeit, der Bundeswehr und weiterer Vereinigungen und Verbände an. Zum Obmann des Ausschusses wurde Prof. Dr. Lutz F. Hornke, RWTH Aachen, gewählt. Schon damals war deutlich, dass da nicht alle repräsentiert waren, die sich vielleicht später noch zu Wort melden würden, wie es denn auch geschah.
Es wurde auch deutlich, dass eine allumfassende Qualitätssicherung psychodiagnostischer Vorgehensweisen und Verfahren so nicht möglich und durchsetzbar sein würde. Ein psychologieinternes Treffen in Bad Breisig am 28./29.11.1997 war als Expertenhearing organisiert und zeigte, dass der Normungsausschuss sich doch besser zunächst auf die betriebliche Eignungsbeurteilung konzentrieren sollte. Allerdings erwartete man Hinweise und Anregungen für andere psychodiagnostische Felder, die sich vielleicht in Folge der Norm anschließen oder zu ergänzenden Formulierungen führen werden. Der Grundsatz allerdings, die Qualität der psychodiagnostischen Tätigkeit zu sichern und normative Hinweise dazu zu geben, wurde von allen bejaht. Es wurde auch als ein Moment angesehen, im gesellschaftlichen und politischen Raum den Willen einer Profession darzustellen, sich um ihre Vorgehensweisen und Verfahren besonders zu kümmern.
In 18 formalen und einigen redaktionellen Sitzungen wurde dann eine Normvorlage diskutiert. Hinzu kamen nach einer Entwurfsveröffentlichung, dem sogenannten Gelbdruck, im Juli 2000 auch all die Einsprüche von Verbänden, Unternehmensberatern, Fachkollegen usf. Vieles davon wurde vom Ausschuss aufgenommen und an entsprechender Stelle eingearbeitet. Letztlich entstand ein Kompromiss, der aber die Grundidee deutlich ausdrückt: Die Norm regelt nicht nur die Qualität von diagnostischen Instrumenten, sondern sie setzt sich auch mit dem Prozess der Eignungsbeurteilung sowie den daran beteiligten Personen auseinander. Darin wird deutlich, dass hinreichende Sachkunde über Konstrukte, Instrumente und Vorgehensweisen vorhanden sein müssen, um eine qualitativ verantwortbare Eignungsbeurteilung zu ermöglichen. Ein vormals diskutiertes Testgütesiegel griffe nach Ansicht das Ausschusses zu kurz, da je nach inhaltlicher Fragestellung sich die Testgüte anders darstellt. Hier mit kenntnisgestütztem Augenmaß an eine Eignungsbeurteilung heranzugehen, das ist ein Anliegen der Norm.
Die zukünftigen Diskussionen, Anwendungen, Umsetzungsversuche und erforderliche Zertifizierungen werden zeigen, wie sich die Norm in der Praxis bewährt. In diesem Sinne ruht die Arbeit des Ausschusses für die nächste Zeit; in 5-8 Jahren wird er die Erfahrungen aufgreifen und zu einer Normrevision verdichten müssen.
Allen Ausschussmitgliedern und allen Kolleginnen und Kollegen, die sich argumentativ eingebracht haben, gilt der Dank, über eine so lange Zeit konstruktiv mitgewirkt zu haben.
Der Normtext wird im Frühsommer im Beuth-Verlag veröffentlicht werden.