Psychotherapie für Erwachsene - Weiterbildung und Ausbildung
Was machen Psychotherapeut*innen?
Psychotherapeut*innen behandeln Menschen mit psychischen Störungen sowie Menschen mit (chronischen) körperlichen Störungen, bei denen psychische Faktoren beim Krankheitsverlauf oder der Krankheitsbewältigung eine Rolle spielen (Somatopsychologie). Bei der Psychotherapie für Erwachsene werden in der Regel Personen ab Vollendung des 21. Lebensjahres in Gruppen- oder Einzeltherapie therapiert. Die Behandlung erfolgt auf der Basis wissenschaftlicher Störungsmodelle und wissenschaftlich fundierter Behandlungsverfahren (auch Richtlinienverfahren genannt, siehe unten). Auch Beratung, Prävention und Rehabilitation gehören zum Tätigkeitsfeld von Psychotherapeut*innen. Sie dienen der Erhaltung, Förderung und Wiederherstellung der psychischen Gesundheit der Bevölkerung.
Wie wird man Psychologischer Psychotherapeut*in?
Um Psychologische*r Psychotherapeut*in zu werden, ist zunächst ein abgeschlossenes und approbationskonformes Bachelor- und Masterstudium in Psychologie Voraussetzung. Zudem ist die Berufsbezeichnung „Psychotherapeut*in“ in Deutschland gesetzlich geschützt. Wer als Psychotherapeut*in arbeiten möchte, muss demnach eine staatliche Zulassung für die Ausübung der Heilkunde, die Approbation, erworben haben. Nach einer Gesetzesänderung aus dem Jahr 2020 ist für den Erwerb der Approbation ein Psychologiestudium erforderlich, in dem bereits im Bachelorstudium bestimmte Schwerpunkte gelegt wurden, d.h. dass bereits das Bachelorstudium approbationskonform ist. Wer Psychotherapeut*in für Erwachsene werden möchte, sollte also bereits bei der Wahl des Bachelorstudiengangs darauf achten, dass die Universität diese Schwerpunktsetzung auch anbietet. Im Anschluss an die Approbationsprüfung wird ein Fachgebiet für die fünfjährige Weiterbildung zum*zur Fachpsychotherapeut*in gewählt, nach welcher die Fachkunde (= die fachliche Qualifikation) zur selbstständigen Arbeit als Fachpsychotherapeut*in erworben werden kann und somit der Weg für die Arbeit als Psychotherapeut*in geebnet ist. Zurzeit stehen drei Fachgebiete für die postgraduale (sich dem Studium anschließende) Weiterbildung zur Auswahl:
- Psychotherapie für Erwachsene
- Psychotherapie für Kinder und Jugendliche oder
- Neuropsychologische Psychotherapie (altersübergreifend).
Info: Die Approbation
Wir stellen hier den Werdegang zum*zur Psychotherapeut*in für Erwachsene nach alter und neuer Gesetzeslage vor. In beiden Ausbildungswegen wird die Approbation, also die staatliche Zulassung für die Ausübung der Heilkunde, vorausgesetzt. Die Approbationsprüfung besteht aus einer schriftlichen Klausur, einer mündlich-praktischen Fallprüfung und einer anwendungsorientierten Parcoursprüfung mit Schauspielpatienten.
Im Folgenden sind spezifische Informationen zur Weiterbildung/Ausbildung nach dem Studium laut PsychThG (seit 2020) und laut alter Gesetzeslage (vor 2020) zu finden.
Ausbildungsweg zum*zur Psychotherapeut*in nach neuer Gesetzgebung (PsychThG vom 01.09.2020)
Seitdem die neue Psychotherapie-Gesetzesreform (PsychThG) am 1. September 2020 in Kraft getreten ist, kann die Approbation ausschließlich infolge eines abgeschlossenen, approbationskonformen Bachelorstudiums und eines Masterstudiums in Psychologie mit dem Schwerpunkt Klinische Psychologie und Psychotherapie (KliPPs) erworben werden. Die Inhalte und Praktika des Bachelor-Studiengangs müssen bestimmte Kriterien erfüllen, die dem PsychThG und der Approbationsordnung für Psychotherapeut*innen (PsychThApprO) entsprechen. Auf das abgeschlossene Masterstudium folgt eine Staatsprüfung mit dem Abschluss „Approbation“ in Psychotherapie, die dann zur Arbeit als Psychotherapeut*in befähigt.
Um sich mit einer eigenen Psychotherapiepraxis für Erwachsene niederlassen zu können, in der auch mit den gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet werden kann, muss zusätzlich die Fachkunde zur Fachpsychotherapeut*in für Erwachsene durch eine fünfjährige Weiterbildung im Rahmen einer finanzierten Berufstätigkeit nach der Approbation erworben werden. Die Weiterbildung findet in einer speziellen Weiterbildungsstelle statt. Hier sammeln die Psychotherapeut*innen theoretische Kenntnisse und praktische Erfahrung in unterschiedlichen Settings. Neben dem gewünschten Fachbereich (Erwachsene, KJP, Neuropsychologie) kann zwischen den vier zurzeit anerkannten Richtlinienverfahren für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen gewählt werden: Verhaltenstherapie, Tiefenpsychologisch Fundierte Psychotherapie, Systemische Psychotherapie oder Analytische Psychotherapie. Je nachdem, für welches der vier Verfahren man sich entscheidet, werden auch spezifische Methoden und Kompetenzen erworben. Alle vier genannten Verfahren sind auch sozialrechtlich anerkannt. Das bedeutet, dass in einem dieser Verfahren approbierte Psychotherapeut*innen prinzipiell als Teil des Gesundheitssystems Heilbehandlungen an Erwachsenen durchführen dürfen, die von den gesetzlichen Krankenkassen nach entsprechenden Antragsverfahren übernommen werden.
Die Änderungen durch die neue Psychotherapie-Gesetzesreform können im Detail hier
eingesehen werden.
Übergangsregelung nach der Gesetzesreform
Für Studierende die sich noch im Studium nach altem Recht befinden oder bereits einen „alten“ Master in Psychologie abgeschlossen haben, gilt eine „Übergangszeit“ bis zum 1. September 2032, um die Ausbildung und Approbation nach alter Gesetzgebung abzuschließen. Studierende, die sich noch am Anfang ihres Studiums (im Bachelor) befinden, können, falls gewünscht, unter Umständen in das neue System (und damit den neuen Master und die Weiterbildung) wechseln. Diese Entscheidung muss individuell getroffen werden und kann zudem ausschließlich von Universitäten angeboten werden, welche Nachqualifizierungsmöglichkeiten oder einen Wechsel der Studienordnung anbieten.
Ausbildungsweg zum Psychologischen Psychotherapeuten nach alter Gesetzgebung (bis zum 01.09.2020)
Gemäß der alten Gesetzgebung (gültig bis zum 01.09.2020) dürfen sich nur diejenigen „Psychologische*r Psychotherapeut*in“ nennen, die nach abgeschlossenem Psychologie Studium eine spezielle postgraduale Ausbildung durchlaufen haben. Um die Berufsbezeichnung „Psychotherapeut*in für Erwachsene“ führen zu dürfen, muss man ein psychologisches Master- bzw. Diplomstudium mit Inhalten der Klinischen Psychologie studiert haben sowie eine postgraduale Ausbildung, die mit der staatlichen Approbationsprüfung endet, absolviert haben. Für diese postgraduale Ausbildung müssen sich Interessenten bei den entsprechenden Ausbildungsinstituten für Psychotherapie bewerben. Die Approbation muss in einem wissenschaftlich anerkannten therapeutischen Verfahren (= Richtlinienverfahren) erworben werden. Wer gerne Psychotherapeut*in für Erwachsene werden möchte, entscheidet sich also für eines der vier zurzeit anerkannten Richtlinienverfahren für die Behandlung von Erwachsenen: Verhaltenstherapie, Tiefenpsychologisch Fundierte Psychotherapie, Systemische Psychotherapie oder Analytische Psychotherapie. Diese Verfahren sind auch sozialrechtlich anerkannt. Das bedeutet, dass ein*e in einem dieser Verfahren approbierte Psychotherapeut*in prinzipiell als Teil des Gesundheitssystems Heilbehandlungen an Erwachsenen durchführen darf, die von den gesetzlichen Krankenkassen nach entsprechenden Antragsverfahren übernommen werden.
Inhalte der postgradualen Weiterbildung in Fachpsychotherapie für Erwachsene (seit 01.09.2020)
Voraussetzung für die Weiterbildung in Fachpsychotherapie für Erwachsene ist die erfolgreiche Beendigung des approbationskonformen Bachelorstudiums und des approbationskonformen Masters mit dem Schwerpunkt „Klinische Psychologie und Psychotherapie“ sowie der anschließenden Approbationsprüfung.
Die Inhalte der Weiterbildungen sind fachspezifisch. Zusätzlich zum Bereich der Erwachsenenpsychotherapie muss mindestens eines der vier wissenschaftlich anerkannten Richtlinienverfahren gewählt werden. Danach richten sich auch die Methoden und Techniken, die in der Weiterbildung erworben werden:
Analytische Psychotherapie
Systemische Therapie
Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
Verhaltenstherapie.
In der Weiterbildung zum*zur Fachpsychotherapeut*in werden theoretische Fachkenntnisse und anwendungsorientierte Handlungskompetenzen erworben. Hierzu zählen verfahrensspezifische Kenntnisse und verfahrensübergreifende Kenntnisse in:
Grundlagen der Analytischen Psychotherapie, Tiefenpsychologisch Fundierten Psychotherapie, Verhaltenstherapie und Systemischen Therapie
Diagnostik (inkl. Befunderhebung, Indikation/Differenzialindikation) und Therapieplanung (inkl. Behandlungsplanung und Prognoseerstellung)
Therapieprozess
Behandlungsmethoden und -techniken
Anwendungsformen und spezielle Settings
Selbsterfahrung.
Umfassende Informationen zu den Inhalten der Weiterbildung finden Sie auch hier (pdf Musterweiterbildungsordnung).
Zeitlicher Umfang:
Der genaue Aufbau und zeitliche Umfang der einzelnen Komponenten richtet sich nach dem gewählten Weiterbildungsbereich und Richtlinienverfahren. Eine umfangreiche Beschreibung der einzelnen Module sowie Richtzahlen für den zeitlichen Aufwand der Theorieeinheiten, Therapiestunden und Supervision sind der Musterweiterbildungsordnung zu entnehmen. Eine Einheit Theorie, Supervision und Selbsterfahrung entspricht jeweils 45 Minuten.
In der Weiterbildung zum*zur Fachpsychotherapeut*in für Erwachsene wird die praktische Arbeit während der fünfjährigen Weiterbildung meist in drei Stationen absolviert, die in beliebiger Reihenfolge durchlaufen werden können:
- Mindestens 2 Jahre in einem Krankenhaus
- Mindestens 2 Jahre in einer psychotherapeutischen Ambulanz oder Praxis
- 1 Jahr flexibel wählbar (Krankenhaus, ambulanter Bereich, institutioneller Bereich).
Daneben finden blockweise (i.d.R. Wochenendseminare) die Theorie-Einheiten und die Selbsterfahrung statt. Der Prozess wird von regelmäßiger Supervision durch ausgebildete Supervisor*innen begleitet. Der detaillierte Ablauf kann der Musterweiterbildungsordnung entnommen werden.
Vergütung und Kosten:
Die entstehenden Kosten für die postgraduale Weiterbildung in Fachpsychotherapie sind noch nicht abschließend geklärt. Voraussichtlich wird die Weiterbildung jedoch weiterhin Kosten erzeugen. Das PsychThG aus 2020 gibt jedoch vor, dass angehende Psychotherapeut*innen während der Weiterbildung zukünftig in einem regulären Anstellungsverhältnis stehen sollen. Für den stationären Teil soll die Vergütung nach Tarifvertrag erfolgen, eine Vergütung nach TVöD E14 wird derzeit angestrebt.
Inhalte nach alter Gesetzgebung (vor 01.09. September 2020)
Die postgraduale Ausbildung zum*zur Psychologischen Psychotherapeut*in beinhaltet insgesamt mindestens 4200 Stunden, welche in Vollzeit innerhalb von drei Jahren oder in Teilzeit innerhalb von 5 Jahren absolviert werden können. Sie beinhaltet eine theoretische Ausbildung in Form von Unterrichtseinheiten (600 Stunden), eine praktische Ausbildung in Form von Krankenbehandlungen (mind. 600 Stunden) unter Supervision (mind. 150 Stunden), eine praktische Tätigkeit, die z.B. in Kliniken und psychotherapeutischen Praxen abgeleistet wird (insgesamt 1800 Stunden), und eine Selbsterfahrung, die zur Reflexion des eigenen therapeutischen Handelns befähigen soll (120 Stunden). Das Psychotherapeutengesetz regelt Inhalte und Aufbau der Ausbildung.
Die Inhalte der theoretischen Ausbildung zum*zur Psychologischen Psychotherapeut*in sind im Psychotherapeutengesetz recht detailliert festgelegt. Vorgesehen sind 200 Stunden Theorieunterricht zur Vermittlung von Grundkenntnissen und 400 Stunden für eine vertiefte Ausbildung. Im Rahmen der Grundkenntnisse werden folgende Themenbereiche vermittelt:
- Entwicklungs-, sozial-, persönlichkeits- und neuropsychologische Grundlagen der Psychotherapie
- Konzepte über die Entstehung, Aufrechterhaltung und den Verlauf psychischer und psychisch mitbedingter Erkrankungen verschiedener Altersgruppen
- Allgemeine und spezielle Krankheitslehren der Störungen mit Krankheitswert, bei denen Psychotherapie indiziert ist, unter Berücksichtigung der wissenschaftlich anerkannten Verfahren
- Psychosomatische Krankheitslehre und Psychiatrische Krankheitslehre
- Methoden und Erkenntnisse der Psychotherapieforschung
- Diagnostik und Differentialdiagnostik einschließlich Testverfahren zur Abgrenzung verschiedener Störungen mit Krankheitswert, bei denen Psychotherapie indiziert ist, psychosozial- und entwicklungsbedingter Krisen sowie körperlich begründbarer Störungen
- Besondere entwicklungs- und geschlechtsspezifische Aspekte der Persönlichkeit, der Psychopathologie und der Methodik der Psychotherapie verschiedener Altersgruppen
- Intra- und interpersonelle Aspekte psychischer und psychisch mitbedingter Störungen in Paarbeziehungen, Familien und Gruppen
- Prävention und Rehabilitation
- Medizinische und pharmakologische Grundkenntnisse für Psychotherapeut*innen
- Methoden und differentielle Indikationsstellung wissenschaftlich anerkannter psychotherapeutischer Verfahren
- Dokumentation und Evaluation von psychotherapeutischen Behandlungsverläufen
- Berufsethik und Berufsrecht, medizinische und psychosoziale Versorgungssysteme, Organisationsstrukturen des Arbeitsfeldes, Kooperation mit Ärzten und anderen Berufsgruppen
- Geschichte der Psychotherapie
Die vertiefte Ausbildung umfasst folgende Themenbereiche:
Theorie und Praxis der Diagnostik, insbesondere Anamnese, Indikationsstellung und Prognose, Fallkonzeptualisierung und Behandlungsplanung
Rahmenbedingungen der Psychotherapie, Behandlungssetting, Einleitung und Beendigung der Behandlung
Behandlungskonzepte und -techniken sowie deren Anwendung
Krisenintervention
Behandlungstechniken bei Kurz- und Langzeittherapie
Therapiemotivation des Patienten, Entscheidungsprozesse des Therapeuten, Therapeuten-Patienten-Beziehung im Psychotherapieprozess
Einführung in Behandlungsverfahren bei Kindern und Jugendlichen
Behandlungsverfahren bei Paaren, Familien und Gruppen
In der praktischen Ausbildung behandeln Psychotherapeut*innen in Ausbildung im ambulanten Setting Patienten, um die theoretisch erworbenen Kenntnisse zu vertiefen und praktische Kompetenzen in der Behandlung von Menschen mit psychischen Störungen zu erwerben. Hierbei werden sie in der Supervision durch ausgebildete Supervisor*innen unterstützt.
Die praktische Tätigkeit wird in der Regel zu zwei Dritteln in einer psychiatrischen klinischen Einrichtung und zu einem Drittel in einer von einem Sozialversicherungsträger anerkannten Einrichtung (z.B. einer psychotherapeutischen Praxis oder einer Beratungsstelle) absolviert. Die Psychotherapeut*innen in Ausbildung sollen praktische Erfahrungen in der Diagnostik und Behandlung unterschiedlicher Patienten auch im stationären Setting sammeln und in dieser Zeit an der Behandlung von mindestens 30 Patienten beteiligt sein.
Vergütung und Kosten:
Die Kosten für die Ausbildung zum*zur Psychologischen Psychotherapeutin variieren zwischen den Ausbildungsinstituten und können zwischen 8.000 Euro und 20.000 Euro betragen. Diese Kosten stehen den Einnahmen aus den durchgeführten Therapiestunden innerhalb der Ausbildung gegenüber. Etwa nach der Hälfte der Ausbildungszeit darf der*die Psychotherapeut*in in Ausbildung (PiA) eigene Therapiestunden übernehmen. Hierbei liegen die Einnahmen zwischen ungefähr 15.000 Euro bis 25.000 Euro.
Muster-Weiterbildungsordnung für die Psychologischen Psychotherapeut*innen
Umfassende Informationen zu den Inhalten der Weiterbildung finden Sie auch in der Musterweiterbildungsordnung der Bundespsychotherapeutenkammer BPtK für die Psychologischen Psychotherapeut*innen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen (pdf, Stand 17./18.11.2023).