Sehr geehrte Damen und Herren,
politische Radikalisierung und Demokratiegefährdung werden von vielen Menschen als Bedrohung des gesellschaftlichen Friedens und der freiheitlichen Grundordnung wahrgenommen. Auch der jüngst veröffentlichte Verfassungsschutzbericht weist auf steigende Zahlen an politisch motivierter Kriminalität und beträchtliche Raten an extremistischen Straftaten hin. Dies sind ernsthafte Alarmzeichen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und erfordert die Handlungsbereitschaft aller demokratisch orientierten Menschen.
Notwendig ist gerade jetzt ein koordiniertes und effektives Vorgehen zur Demokratieförderung und Extremismusprävention. Allein die Einrichtung und Förderung von Maßnahmen ist jedoch nicht hinreichend. Mehrfach haben wir als Fachgesellschaft darauf hingewiesen, dass eine moderne evidenzbasierte politische Präventionsplanung und -evaluierung zwingend erforderlich ist. Vor diesem Hintergrund halten wir die Umsetzung von drei Punkten für außerordentlich bedeutsam:
- Präventions- und Interventionsmaßnahmen müssen bereits bei ihrer Planung und Beantragung eine Begründung dafür enthalten, warum die Maßnahme im Sinne ihrer Zielsetzung wirksam sein soll. Die Begründung dafür sollte sich auf empirisch gestützte wissenschaftliche Erkenntnisse beziehen, weil das die Wahrscheinlichkeit von Wirksamkeit deutlich erhöht.
- Im Sinne eines effektiven und effizienten Mitteleinsatzes sollten alle Maßnahmen systematisch empirisch evaluiert werden. Insbesondere die Psychologie verfügt hierfür über ein umfangreiches und zielführendes Methodeninventar. Die Untersuchungsmethodik sowie die Ergebnisse der Evaluationen sollten im Sinne einer effizienten Mittelverwendung öffentlich zugänglich gemacht werden, um nachfolgenden Projekten die Chance zu geben, wirksame Ansätze aufzugreifen und wirkungsloses Handelnzu vermeiden.
- Zur effektiven Umsetzung dieser Interventions- und Evaluationsanstrengungen sollten von staatlicher Seite die rechtlichen Voraussetzungen durch ein Demokratiefördergesetz geschaffen werden. Zudem sprechen wir uns für die Errichtung eines Zentrums für Interventionsforschung aus, an dem auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Psychologie beteiligt sind. Eine solche Investition könnte und sollte helfen, geplante Projekte daraufhin zu prüfen, inwieweit Ziele klar formuliert sind, die geplanten Maßnahmen auf wissenschaftlichen Modellen beruhen und die geplanten eingesetzten Methoden angemessen sind. Außerdem könnte die Einrichtung darauf hinwirken, geförderte Maßnahmen einer angemessenen Effektevaluation zu unterziehen und die Ergebnisse zu veröffentlichen.
Erneut betonen wir, dass wir bei der Umsetzung der notwendigen Maßnahmen mit unserer Expertise gerne unterstützen. Die Psychologie verfügt über eine Reihe empirisch gut abgesicherter Erkenntnisse für die Ausgestaltung von Maßnahmen zur Demokratieförderung bzw. gegen Radikalisierung sowie über eine reichhaltige methodische Erfahrung in der Umsetzung von Evaluierungsmaßnahmen.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Stefan Schulz-Hardt
Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs)
Prof. Dr. Eva Walther
Vorsitzende DGPs-Kommission Psychologie und Politik
Die Stellungnahme steht hier als pdf-Datei zum Download bereit.