Berufsethische Richtlinien
des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. und der Deutschen Gesellschaft für Psychologie e.V.
(zugleich Berufsordnung des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V.)
in der von der Delegiertenkonferenz des BDP am 8.5.2022 und von der Mitgliederversammlung der DGPs am 14.9.2022 beschlossenen Fassung:
Inhalt
1. Präambel
1.1 Bedeutung der Berufsethischen Richtlinien (BER)
Diese Richtlinien stellen die fachlichen und ethischen Leitlinien der Berufsausübung für Psychologinnen und Psychologen in Deutschland dar und sind zugleich die Berufsordnung des Berufsverbandes der Psychologinnen und Psychologen.
Die BER:
(1) beschreiben Grundlagen der Berufsausübung von Psychologinnen und Psychologen als Hilfestellung und Orientierung;
(2) dienen dem Schutz der Verbraucher und der Wahrung ihrer Rechte;
(3) klären die allgemeine Öffentlichkeit, Fachwelt und Politik über ethisch angemessenes berufliches Handeln von Psychologinnen und Psychologen auf;
(4) stellen einen Rahmen zur Lösung ethischer Fragen in der Berufsausübung dar;
(5) verpflichten die Berufsangehörigen auf die Einhaltung dieser ethischen Richtlinien in allen Situationen ihrer Berufsausübung;
(6) sind Maßstäbe, anhand deren psychologische Tätigkeiten öffentlich überprüfbar werden;
(7) ermöglichen Maßnahmen bei Nichteinhaltung dieser Richtlinien (wie z. B. die kollegiale Ansprache, die Anzeige bei den Berufsorganisationen, das Tätigwerden eines Ehrengerichts sowie Schlichtungsverhandlungen und Mediationen);
(8) bilden eine Grundlage für Entscheidungen zum Vorgehen beim Vorliegen einer Beschwerde;
(9) ermöglichen die Bewertung der Bedeutsamkeit von Beschwerden sowie der Schwere von ethischen Verstößen in Schlichtungsverhandlungen und in Ehrengerichtsverfahren;
(10) sind abgestimmt mit den Prinzipien und den Empfehlungen im Europäischen „Meta Code on Ethics“ der European Federation of Psychologists’ Associations (EFPA);
(11) sind nachrangig im Verhältnis zu Rechtsnormen und Gesetzen.
1.2 Ethische und fachliche Grundhaltungen
Psychologinnen und Psychologen:
(1) achten die Würde des Menschen und respektieren diese in ihrem Handeln;
(2) erkennen das Recht des Einzelnen an, in eigener Verantwortung und nach eigenen Überzeugungen zu leben;
(3) handeln mit besonderer Verantwortung gegenüber den Menschen, mit denen sie umgehen;
(4) gehen sensibel mit der Bereitschaft von Menschen um, sich anzuvertrauen, und klären über mögliche Grenzen der Vertraulichkeit auf;
(5) fördern Möglichkeiten der selbstbestimmten Persönlichkeitsentwicklung und tragen zur Gewährleistung fördernder Rahmenbedingungen bei;
(6) fördern die Verständigung im sozialen Zusammenleben und den gegenseitigen Respekt;
(7) handeln im Sinne des Wohls und Wohlbefindens der Menschen;
(8) setzen sich ein für gute natürliche, sozioökonomische und kulturelle Lebensbedingungen von Einzelnen und Gemeinschaften;
(9) fördern ein redliches Miteinander und gehen in ihrem Handeln mit gutem Beispiel voran;
(10) vermehren das Wissen über den Menschen durch Forschung und Lehre;
(11) bewirken durch Reflexion und durch einen offenen Austausch über Einstellungen, Orientierungen und Menschenbilder Veränderungen bei Einzelnen, Institutionen und in der Gesellschaft;
(12) üben ihren Beruf auf der Basis ihrer wissenschaftlichen Fachkompetenz aus;
(13) bilden sich kontinuierlich fort und halten ihre Kenntnisse auf aktuellem Stand;
(14) achten besonders auf die eigenen psychischen und körperlichen Voraussetzungen, die eine kompetente Berufsausübung erlauben;
(15) erbringen Dienstleistungen eigenständig nur in den Tätigkeitsfeldern, für die sie durch eine wissenschaftlich fundierte Ausbildung, fachliche Fortbildung und berufliches Handeln qualifiziert sind;
(16) orientieren sich bei neuen beruflichen Ansätzen und Methoden am Grundsatz wissenschaftlicher Redlichkeit, überprüfen systematisch die Wirkungen ihres Handelns;
(17) sind wachsam gegenüber persönlichen, sozialen, institutionellen, wirtschaftlichen und politischen Einflüssen, die zu einem Missbrauch bzw. zu einer falschen Anwendung von psychologischen Kenntnissen und Fähigkeiten führen könnten;
(18) sind sich über das Ungleichgewicht der Machtverteilung in beruflichen Beziehungen bewusst;
(19) zeigen in beruflichen Beziehungen Aufmerksamkeit für mögliche Gefahren des Machtmissbrauches und vermeiden Handlungen im Sinne eines Machtmissbrauches.
1.3 Grundlegende Aussagen zu Menschenrechten und zur Menschenwürde
(1) Psychologinnen und Psychologen orientieren sich an der UNO-Menschenrechtscharta. Gemäß der Menschenrechtsdeklaration der UNO haben alle Menschen als einzigartige Personen – unabhängig von Merkmalen wie z. B. Geschlecht, Alter, Sprache, Religion, nationaler und sozialer Herkunft und aus psychologischer Perspektive unabhängig von körperlicher bzw. kognitiver Beeinträchtigung, oder sexueller Identität, politischer Orientierung und von gruppenbezogenen Typisierungen wie z.B. rassistischen Zuschreibungen – das Recht auf ein Leben in Menschenwürde mit (a) Gesundheit und Wohlbefinden, (b) Selbstachtung und Selbstbestimmung, (c) sozialer Integration in Lebens- und Arbeitsgemeinschaften, (d) Freiheit, (e) Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, (f) Frieden, (g) Gerechtigkeit und (h) Sinnerfüllung sowie (i) die Pflicht zur Achtung der Menschenrechte und Menschenwürde anderer Menschen.
(2) Jeder Mensch hat das Recht auf Bildung, insbesondere haben Kinder entsprechend der UN-Konvention über die Rechte des Kindes das Recht auf Bildung und Chancengleichheit, auf Gleichbehandlung, Meinungsfreiheit und auf vorrangige Berücksichtigung ihrer Interessen.
(3) Psychologinnen und Psychologen wissen um die möglichen Folgen von Menschenrechtsverletzungen. Sie nutzen diese professionellen Kenntnisse und vertreten sie in der Öffentlichkeit. Psychologinnen und Psychologen versuchen, mit ihrer fachlichen Kompetenz die Folgen von Menschenrechtsverletzungen für die Betroffenen abzumildern.
(4) Psychologinnen und Psychologen fühlen sich in ihrem professionellen Verhalten der Förderung der Menschenrechte verpflichtet. Sie treten Menschenrechtsverletzungen entgegen. Psychologinnen und Psychologen beteiligen sich nicht an Menschenrechtsverletzungen oder an anderen Handlungen, die erkennbar zu Menschenrechtsverletzungen beitragen.
(5) Psychologinnen und Psychologen setzen sich für Menschenrechtsbildung und für die Verbreitung und Verwirklichung der bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellenMenschenrechte ein.
2. Berufsethische Prinzipien der europäischen Psychologenvereinigung in Europa
Diese Berufsethischen Richtlinien stimmen mit den nachfolgend aufgeführten vier Prinzipien und den Ausführungen im „Meta Code on Ethics“ der europäischen Psychologenvereinigung (EFPA) überein.
Die englische Originalfassung des Ethikcodes der European Federation of Psychologists’ Associations (EFPA) kann unter www.efpa.eu heruntergeladen werden, die deutsche Übersetzung ist unter www.bdp-verband.de zu finden.
2.1 Achtung vor den Rechten und der Würde des Menschen
Psychologinnen und Psychologen respektieren und fördern die Grundrechte, die Würde und den Wert aller Menschen. Sie respektieren das Recht auf Privatsphäre, Vertraulichkeit, auf Selbstbestimmung und Autonomie in Übereinstimmung mit ihren weiteren beruflichen Verpflichtungen und dem Gesetz.
2.2 Kompetenz
Psychologinnen und Psychologen streben danach, einen hohen Kompetenzstandard in ihrer Arbeit sicherzustellen und zu erhalten. Sie wissen um die Grenzen ihrer spezifischen Kompetenzen und ihrer Fachkenntnis. Sie bieten nur solche Dienstleistungen an und verwenden nur diejenigen Methoden, für die sie durch Ausbildung, Fortbildung oder Erfahrung qualifiziert sind.
2.3 Verantwortung
Psychologinnen und Psychologen sind sich ihrer professionellen und wissenschaftlichen Verantwortung gegenüber ihren Klientinnen bzw. Klienten, gegenüber der Gemeinschaft und der Gesellschaft, in der sie arbeiten und leben, bewusst. Sie vermeiden es, Schaden zuzufügen. Sie sind für ihr Handeln verantwortlich und stellen soweit möglich sicher, dass ihre Dienstleistungen nicht missbraucht werden.
2.4 Integrität
Psychologinnen und Psychologen setzen sich für die Förderung der Integrität in Wissenschaft, Lehre und Praxis der Psychologie ein. Sie verhalten sich bei diesen Tätigkeiten ehrlich, fair und respektvoll gegenüber anderen. Sie streben gegenüber den Betroffenen eine Klärung ihrer Berufsrollen an und handeln in Übereinstimmung mit diesen Rollen.
Ethische Richtlinien für die Berufsausübung von Psychologinnen und Psychologen müssen folgende Aspekte berücksichtigen:
(a) Das berufliche Verhalten von Psychologinnen und Psychologen ist im Rahmen einer professionellen Rolle zu betrachten, die durch die berufliche Beziehung gekennzeichnet ist.
(b) Ungleichgewichte des Wissens und der Macht beeinflussen immer die professionellen Beziehungen von Psychologinnen und Psychologen zu Klientinnen und Klienten sowie Kolleginnen und Kollegen.
(c) Je größer das Ungleichgewicht in einer professionellen Beziehung und je größer die Abhängigkeit von Klientinnen und Klienten ist, desto schwerwiegender ist die Verantwortung der Psychologin/des Psychologen.
(d) Die Verantwortlichkeiten von Psychologinnen und Psychologen sind vor dem Hintergrund des Stadiums zu betrachten, in dem sich die professionelle Beziehung befindet.
Wechselseitige Beziehung der vier Prinzipien
Es ist zu beachten, dass die vier zentralen ethischen Prinzipien und ihre Anwendungen immer in einer engen wechselseitigen Beziehung zueinander stehen.
Daher ist es für Psychologinnen und Psychologen, die eine ethische Fragestellung klären oder ein Dilemma auflösen wollen, erforderlich, vertiefte Überlegungen anzustellen, oft auch mit Klientinnen und Klienten sowie Kolleginnen und Kollegen darüber zu sprechen und dabei die verschiedenen ethischen Prinzipien abzuwägen. Entscheidungen zu treffen und zu handeln, ist auch dann notwendig, wenn ungelöste gegensätzliche Aspekte noch weiter bestehen.
Dem Prinzip des Respekts vor der Würde des Menschen und den Menschenrechten kommt gemäß der UNO-Charta der Menschenrechte und des deutschen Grundgesetzes eine besondere Bedeutung zu. Dies ist bei Konflikten zwischen den Prinzipien bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen.
3. Grundlagen zum Beruf der Psychologin und des Psychologen
3.1 Berufsbezeichnung – Titelführung
(1) Die Berufsbezeichnungen „Psychologin“ oder „Psychologe“ können von Personen geführt werden, die durch den Abschluss eines grundständigen Bachelor- und eines konsekutiven Masterstudiengangs über ein abgeschlossenes Hochschulstudium der Psychologie mit mindestens 240 Punkten (à 30 Stunden Workload) nach dem European Credits Transfer System (ECTS) verfügen. Von den mindestens 240 Punkten müssen mindestens 210 Punkte in psychologischen Grundlagen-, Methoden- und Anwendungsfächern und einer wissenschaftlichen Masterarbeit mit psychologischer Fragestellung erworben worden sein (davon 15–30 Punkte in Praktika). Die Berufsbezeichnung „Psychologin“ oder „Psychologe“ führt, wer ein Diplomstudium entsprechend den Rahmenprüfungsordnungen im Studiengang Psychologie an einer deutschen Hochschule abgeschlossen hat.
(2) Nur Absolventinnen und Absolventen, die das Hauptfachstudium der Psychologie im Sinne des Absatz 1 in Deutschland mit einem Diplom abgeschlossen haben, dürfen sich als „Diplom-Psychologin“/„Diplom-Psychologe“ bzw. „Dipl.-Psych.“ bezeichnen.
(3) Absolventen eines Hauptfachstudiums der Psychologie im Sinne des Absatz 1 sind gehalten, die rechtlichen einschließlich der berufsrechtlichen Bestimmungen zur Führung der Berufsbezeichnung im Land der Berufsausübung sorgfältig zu recherchieren und in allen Darstellungen zu beachten.
(4) Akademische Abschlüsse im Fach Psychologie, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union erworben wurden, sind bei Erfüllung der Voraussetzungen nach der jeweilig geltenden Fassung der Richtlinien der EU der Berufsbezeichnung nach Absatz 1 gleichgestellt.
(5) Akademische Grade dürfen nur geführt werden, wenn und soweit sie aufgrund eines Hochschulstudiums und nach dem Recht des Landes, in dem sie erworben wurden, rechtmäßig erlangt wurden. Für ausländische akademische Grade gilt, dass sie in Deutschland nur nach inländischem Recht geführt werden dürfen.
(6) Der Hinweis auf eine Mitgliedschaft in der Deutschen Gesellschaft für Psychologie e. V. bzw. auf eine Mitgliedschaft im Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e. V. ist zulässig, soweit dies die jeweilige Satzung nicht untersagt. Dabei ist die erhaltene Mitgliedschaftskategorie zu verwenden.
3.2 Die Wissenschaft Psychologie als Grundlage der Berufstätigkeit
(1) Das berufliche Handeln von Psychologinnen und Psychologen basiert auf den Erkenntnissen der Psychologie als wissenschaftlicher Disziplin.
(2) Die Psychologie:
(a) liefert Erkenntnisse über psychische, psychophysische und biologische Prozesse bei Menschen und Tieren;
(b) erschließt grundlegendes Wissen über den Menschen;
(c) fördert das Verständnis der Entwicklung menschlicher Bewusstseins-, Motivations- und Handlungsprozesse;
(d) fördert Erkenntnisse über soziale Prozesse zwischen Menschen in Beziehungen, Gemeinschaften und Organisationen;
(e) entwickelt Strategien zur Unterstützung des Menschen in der Entwicklung zu selbstbewusstem, selbstbestimmtem und selbstverantwortlichem Leben in Freiheit und in respektvollem und verantwortlichem Miteinander.
(3) Psychologie als Wissenschaft generiert ihre Erkenntnisse auf der Basis geistes-, sozial- und naturwissenschaftlicher Modelle mit wissenschaftlich anerkannten Methoden und kontrollierten Forschungsstrategien.
(4) Theorien und Wissensbestände in der Psychologie speisen sich aus unterschiedlichen Grundverständnissen über den Menschen. Dies ist in Interpretation und bei der beruflichen Adaption einzelner Ansätze unterschiedlicher Herkunft zu berücksichtigen.
3.3 Anwendung der Psychologie in der Berufsausübung
Psychologinnen und Psychologen:
(1) arbeiten auf der Basis von zuverlässigem und validem, wissenschaftlich fundiertem Wissen;
(2) bieten nur Dienstleistungen an, für deren Erbringung sie durch Ausbildung oder fachliche Erfahrung qualifiziert sind;
(3) pflegen eine hohe fachliche Kompetenz für ein verantwortliches berufliches Handeln, wobei die Kompetenz in der reflektierten Verschränkung wissenschaftlicher Erkenntnisse mit beruflichem Erfahrungswissen entsteht und sich weiterentwickelt;
(4) bilden sich kontinuierlich fort und halten sich auf dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis;
(5) orientieren sich in Tätigkeitsfeldern, in denen es noch keine wissenschaftlich anerkannten Standards gibt, am Grundsatz wissenschaftlicher Redlichkeit und überprüfen regelmäßig den Erfolg ihrer Interventionen;
(6) gehen mit neuen Ansätzen in der praktischen Erprobung mit besonderer Sorgfalt um;
(7) ergreifen alle notwendigen Maßnahmen zum Schutz des Wohls der Menschen, mit denen sie arbeiten.
3.4 Der Beruf der Psychologin/des Psychologen als Freier Beruf
Psychologinnen und Psychologen:
(1) erbringen aufgrund besonderer beruflicher Qualifikation persönlich, eigenverantwortlich und fachlich unabhängig geistig-ideelle Dienstleistungen im Interesse des Auftraggebers und der Allgemeinheit;
(2) unterliegen in der Berufsausübung spezifischen berufsrechtlichen Bindungen, fachlichen und ethischen Richtlinien, welche die Professionalität, Qualität und das zum Auftraggeber bestehende Vertrauensverhältnis gewährleisten und fortentwickeln;
(3) setzen sich eingehend mit den unter (2) genannten Bindungen und Richtlinien auseinander;
(4) klären ihre Auftraggeber über die jeweils berufsrelevanten Regeln in angemessener und verständlicher Weise auf;
(5) informieren über ihre Dienstleistungen in sachlicher Form und verzichten auf Erfolg versprechende, irreführende oder vergleichende Werbung.
3.5 Allgemeine Grundsätze der Berufsausübung
Psychologinnen und Psychologen:
(1) unterstützen Individuen, Organisationen und die Gesellschaft darin, Verständigung, Gerechtigkeit und Frieden im sozialen und beruflichen Miteinander zu fördern und die Bedingungen des sozialen Lebens gesundheitsförderlich zu gestalten;
(2) unterstützen Menschen in ihrem Streben nach einem bewussteren Leben in Würde und mit gegenseitigem Respekt;
(3) wahren besondere Sorgfalt,
(a) wenn sie mit mehreren Klienten arbeiten,
(b) wenn ihre Arbeit zu leidvollen Auswirkungen bei diesen Klienten oder relevanten Dritten führt,
(c) wenn Rechte von Menschen eingeschränkt sind.
3.6 Berufsausübung als Dienstleistung
Psychologinnen und Psychologen:
(1) bieten Dienstleistungen in unterschiedlichen Anwendungsbereichen mit unterschiedlichen Klienten, beruflichen Rollen und ethischen Beziehungen sowie Verantwortlichkeiten an;
(2) sind sich der Unterscheidung zwischen ihrer Berufsrolle und ihren sozialen Beziehungen bewusst;
(3) schließen Verträge über ihre Dienstleistungen und verhandeln immer ein Honorar für ihre beruflichen Leistungen;
(4) sorgen für eine ausreichende Absicherung der Haftungsansprüche, die aus ihrer beruflichen Tätigkeit resultieren können.
4. Verantwortliche Gestaltung beruflicher Beziehungen zu Menschen
4.1 Grundsätze der Gestaltung beruflicher Beziehungen zu Menschen
Psychologinnen und Psychologen:
(1) übernehmen eine ethische und mitmenschliche Sorgfalt dafür, Menschen mit Fairness, Respekt und Verständnis zu begegnen und sie in ihren Menschenrechten zu schützen;
(2) achten auf Besonderheiten in Bezug auf Geschlecht, Alter, Sprache, Religion, nationale und soziale Herkunft, sexuelle Identität, Belastung durch Behinderung und chronische Erkrankung sowie auf entsprechende psychische und soziale Auswirkungen;
(3) tragen dazu bei, dass Menschen, Gemeinschaften und Organisationen, mit denen sie berufliche Beziehungen pflegen, die Menschenrechte und Menschenwürde anderer Menschen respektvoll achten;
(4) übernehmen Verantwortung dafür, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Auszubildende und Supervisanden die Menschenrechte und Menschenwürde von Klientinnen und Klienten respektvoll achten;
(5) betrachten gute, stabile und professionelle Beziehungen als ein wesentliches Qualitätsmerkmal psychologischer Dienstleistungen;
(6) gestalten im Rahmen ihrer Dienstleistungen die beruflichen Beziehungen mit großer Aufmerksamkeit und besonderem Verständnis für die wechselseitigen Rollen;
(7) sind sich bewusst, dass Qualität und Ergebnisse ihrer Dienstleistungen auch davon abhängen, wie weit Menschen ihre Dienstleistungen selbstbestimmt und eigenverantwortlich nutzen können;
(8) achten in beruflichen Beziehungen mit mehreren Klienten und Klientinnen auf ethische Konflikte und die Rechte aller Beteiligten;
(9) gehen während ihrer beruflichen Beziehungen mit beteiligten Personen keine anderweitigen wirtschaftlichen Beziehungen oder privaten Beziehungen ein;
(10) sind offen und respektvoll gegenüber Wissen, Einsicht, Erfahrung und Fachkenntnissen von anderen Personen.
4.2 Gestaltung vertraglich geregelter Arbeitsbeziehungen
Psychologinnen und Psychologen weisen zu Beginn eines Dienst- oder Vertragsverhältnisses auf ethische, fachliche, gesetzliche und berufsständische Pflichten und Bedingungen ihrer Berufsausübung hin, und zwar:
(1) dass sie ihre Dienstleistungen als freien Beruf ausüben, sie also persönlich und fachlich eigenverantwortlich erbringen;
(2) dass ihre persönliche Verantwortung für Klienten Grenzen der dienstlichen und fachlichen Aufsicht über ihre Arbeit bedingen kann;
(3) dass ihnen in ihrer Berufstätigkeit ein weisungsfreier Kernbereich verbleibt;
(4) dass von ihnen den ethischen Anforderungen zuwiderlaufende und nicht fachgerecht zu erfüllende Aufgaben nicht erledigt werden können;
(5) dass sie bei Konflikten zwischen den ethischen Richtlinien und beruflichen Aufgaben mit rechtlichen oder vertraglichen Verpflichtungen nach sorgfältiger Abwägung eine Gewissensentscheidung treffen;
(6) dass ihnen kraft Gesetzes der Schutz des Privatgeheimnisses obliegt. Den Vertragspartnern wird eine Ausfertigung dieser Berufsethischen Richtlinien übergeben.
4.3 Beziehungen zu Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
Psychologinnen und Psychologen:
(1) bieten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Praktikantinnen und Praktikanten deren Ausbildungsstand und Berufserfahrung angemessene Arbeitsbedingungen und Vergütungen an und schließen der jeweiligen Tätigkeit entsprechende schriftliche Verträge ab;
(2) beschäftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Praktikantinnen und Praktikanten nicht mit einseitigen oder ausschließlich minderwertigen Tätigkeiten;
(3) stellen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Praktikantinnen und Praktikanten auf Antrag und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein einfaches Zeugnis oder auf Wunsch ein qualifiziertes Zeugnis aus.
4.4 Verhältnis zu Berufskolleginnen und Berufskollegen
Psychologinnen und Psychologen sind gegenüber dem eigenen Berufsstand loyal, verhalten sich standesgemäß und fördern den Berufsstand in Forschung, Lehre und Anwendung. Sie:
(1) schulden ihren Berufskolleginnen und Berufskollegen Respekt, bleiben bei kritischen Stellungnahmen zu ihrer Berufsausübung sachbezogen und führen den Diskurs darüber in einer professionellen und wertschätzenden Art und Weise;
(2) vermeiden es, durch unlautere Handlungsweisen Kolleginnen bzw. Kollegen aus ihren Tätigkeitsfeldern zu verdrängen oder ihnen Aufträge zu entziehen;
(3) verhalten sich gegenüber Kolleginnen und Kollegen in Situationen, die durch Konkurrenz, Wettbewerb oder Konflikte geprägt sind, sachlich;
(4) bieten Kolleginnen und Kollegen dem Berufsstand und der vereinbarten Tätigkeit angemessene Verträge an;
(5) weisen Kolleginnen und Kollegen, bei denen sie standeswidriges Verhalten oder Verstöße gegen diese Berufsethischen Richtlinien zu erkennen glauben, zunächst vertraulich auf diese hin;
(6) ergreifen, wenn sie eindeutige Hinweise auf ethische Verletzungen im beruflichen Handeln von Kolleginnen und Kollegen erhalten und weiterhin ein Risiko für Leid oder Schaden an Dritten besteht, baldige Maßnahmen, die dem entgegenzuwirken geeignet sind, beispielsweise
(a) Ansprache der Kollegin, des Kollegen;
(b) Information der Ansprechpartner in BDP oder DGPs;
(c) ggf. direkt Antrag auf ein Ehrengerichtsverfahren;
(d) ggf. direkte Einschaltung der Aufsichtsbehörde beziehungsweise von Ordnungsorganen.
4.5 Verhältnis zu Angehörigen anderer Berufe
Psychologinnen und Psychologen achten in der Zusammenarbeit mit Angehörigen anderer Berufen und insbesondere im Rahmen des Auftrags auf Verbindlichkeit und Verlässlichkeit.
5. Die besondere Verantwortung in Beziehungen zu Klientinnen und Klienten
Als Klientinnen bzw. Klienten im Sinne dieser Richtlinien gelten Personen, Gemeinschaften oder Gruppen, bei denen Psychologinnen und Psychologen im Rahmen eines Dienstleistungsverhältnisses diagnostisch, beratend, fördernd und bildend tätig werden oder die als Patientinnen und Patienten heilkundlich behandelt werden. Dabei muss ggf. unterschieden werden zwischen den direkten Klienten (Coachee, Supervisionsgruppe, Ehepaar, Schüler, Inhaftierter etc.) und indirekten Klienten (Auftraggeber bzw. Kostenträger, z. B. Gerichte, Jugendamt, Arbeitsagentur, Firma, Unfallkasse, Eltern etc.) sowie relevanten Dritten (Ehepartner, Angehörige, Whistleblower etc.), zu denen zwar kein Vertragsverhältnis und keine berufliche Beziehung im weiteren Sinne besteht, die aber von Folgen der beruflichen Tätigkeit betroffen sind.
Der Begriff „Klient“ wird hier auch als Oberbegriff für andere Personenbezeichnungen wie Kunde, Ratsuchender, Coachee, Supervisand, Mediant etc. verwendet und umfasst unterschiedliche Formen beruflicher Beziehungen und Beziehungsqualitäten. Bei der Arbeit mit mehreren Klienten können sehr unterschiedliche Interessen und Rechte bestehen, die berücksichtigt werden müssen (Geschäftsführer und unterschiedliche Teams bei einer Organisationsentwicklung, Personalentwicklungsmaßnahme, Gruppentherapie etc.).
5.1 Selbstbestimmungsrecht von Klientinnen und Klienten
Psychologinnen und Psychologen:
(1) unterstützen Klientinnen bzw. Klienten darin, ihre grundlegenden Menschenrechte wahrzunehmen, ihre Menschenwürde mit Selbstachtung, Selbstbestimmung, Selbstverantwortung bewusst zu erleben sowie die Fähigkeiten zur Selbstbestimmung zu fördern und zu maximieren;
(2) wahren die persönliche Integrität und das Selbstbestimmungsrecht von Klientinnen bzw. Klienten in allen Angelegenheiten, wobei es in besonderen Fällen, z. B. bei Selbst- und Fremdschädigungsgefahren, nach sorgfältiger Prüfung der Alternativen zu Ausnahmen davon kommen kann;
(3) erzielen bei Klientinnen bzw. Klienten eine auf Aufklärung basierende Einwilligung, indem sie
(a) Klientinnen bzw. Klienten in verständlicher Weise vorab über geplante Maßnahmen und wahrscheinliche Konsequenzen unterrichten,
(b) dabei darauf achten, dass Klientinnen und Klienten diese Informationen in allen wichtigen Teilen – auch wenn geistige Einschränkungen vorliegen – angemessen verstehen,
(c) deren Einwilligung zu den geplanten Maßnahmen einholen;
(4) anerkennen das Recht von Klientinnen und Klienten, das Ausmaß des Vertrauens in die professionelle Beziehung und Tätigkeit selbst zu bestimmen;
(5) ermöglichen es Klientinnen und Klienten, die professionelle Beziehung jederzeit in bewusster Entscheidung zu beenden;
(6) beachten Grenzen der Selbstbestimmung bei Klientinnen und Klienten unter spezifischen Einflüssen: z. B. in Bezug auf ihr Entwicklungsalter, bei Einschränkungen des Bewusstseins und der psychischen Entscheidungsfähigkeiten, bei Selbst- und Fremdgefährdung, bei gesetzlichen Einschränkungen;
(7) handeln bei eingeschränkten Selbstbestimmungsfähigkeiten von Klientinnen bzw. Klienten in deren Interesse;
(8) Psychologinnen und Psychologen verhalten sich außerhalb ihrer Berufsrolle im sozialen Leben so, dass keine schwerwiegenden ethischen Verstöße gegen die in den Kapiteln 1 und 2 formulierten Grundsätze vorkommen, unter Ausnahme der Regelungen in diesen Kapiteln, die sich explizit auf die Berufsrolle beziehen.
5.2 Professionelle Beziehungsqualität
Psychologinnen und Psychologen:
(1) wissen, dass das Verhältnis zu Klientinnen und Klienten ein besonderes Vertrauensverhältnis darstellt, das von Ehrlichkeit und Freiwilligkeit geprägt ist, und streben danach, es in ausreichendem Maße zu entwickeln;
(2) reflektieren die Qualität der wechselseitigen Beziehungen in verschiedenen Phasen der professionellen Beziehung;
(3) streben bei Konflikten, die mit Klienten und deren Bezugspersonen in ihrer beruflichen Tätigkeit auftreten, einen respektvollen Umgang an und sind sich möglicher Interessenskollisionen in Fällen mehrerer Klienten bewusst;
(4) handeln bei der Arbeit mit den direkten Klientinnen bzw. Klienten innerhalb eines Dienstleistungsverhältnisses mit Dritten in der Funktion als indirekte Klienten, z. B. als Auftraggeber/Kostenträger, vorrangig im Interesse der direkten Klientinnen bzw. Klienten unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen aller Beteiligten;
(5) ergreifen, falls direkte oder indirekte unmittelbare Auswirkungen ihres beruflichen Handelns vorhersehbar zu Schädigungen führen, Maßnahmen, um Beeinträchtigungen zu verhindern bzw. zu minimieren;
(6) achten auf Auswirkungen ihrer Tätigkeit auf relevante Dritte;
(7) nutzen in der Beziehung zu Klientinnen und Klienten das Ungleichgewicht der Machtverteilung nicht für persönliche oder intime Kontakte bzw. Interessen aus;
(8) nutzen professionelle Beziehungen nicht für religiöse, wirtschaftliche, politische oder ideologische Interessen aus;
(9) beenden professionelle Beziehungen, wenn sie keine genügende Vertrauensbasis oder keine angestrebten Erfolge in der Betreuung wahrnehmen, und vermitteln Klientinnen und Klienten erforderlichenfalls weiter;
(10) tragen bei Beendigung ihrer Berufstätigkeit oder bei der Auflösung vertraglicher Beziehungen in einer Gemeinschaftspraxis/Praxisgemeinschaft dafür Sorge, dass die erforderliche weitere Betreuung der Klienten gewährleistet ist und diesen im Rahmen der Erfüllung bzw. Übergabe der vertraglichen Pflichten kein Schaden entsteht und der Umgang mit Aufzeichnungen jeder Art korrekt geregelt ist.
5.3 Schutz des Privatgeheimnisses, Datenschutz, Aufzeichnungen, Vertraulichkeit
Psychologinnen und Psychologen:
(1) sind nach § 203 StGB verpflichtet, über alle ihnen in Ausübung ihrer Berufstätigkeit anvertrauten und bekannt gewordenen Tatsachen zu schweigen, auch gegenüber Familienangehörigen, Kolleginnen und Kollegen sowie Vorgesetzten, soweit nicht das Gesetz Ausnahmen vorsieht;
(2) informieren Klienten vorab über eventuelle Einschränkungen der Schweigepflicht und über die im arbeitsteiligen Kontext notwendige Information Dritter (Teamkollegen, Kooperationspartner der Behandlung, fachspezifische Vorgesetzte etc.);
(3) belehren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über ihre Pflicht zur Verschwiegenheit und halten diese Belehrung schriftlich fest;
(4) dürfen nur nach vorheriger, auf Aufklärung basierender Einwilligung durch die Klienten Aufzeichnungen auf Bild- oder Tonträgern über Besprechungen oder Behandlungen erstellen oder Besprechungen von einem Dritten mithören lassen;
(5) sind von der Schweigepflicht gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern befreit, die notwendigerweise mit der Vorbereitung oder Begleitung ihrer Tätigkeit betraut sind, soweit dieser Umstand den Klientinnen bzw. Klienten bekannt ist (Bekannt unter der Bezeichnung „konkludente Schweigepflichtentbindung“.);
(6) können durch auf Aufklärung basierende Einwilligung der Klientinnen bzw. Klienten von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden werden, nachdem sie über mögliche Konsequenzen der Schweigepflichtentbindung und deren Verweigerung informiert haben;
(7) sollen bei psychologischen Dienstleistungen, auf die ein öffentlich-rechtlicher, insbesondere sozialrechtlicher Anspruch der Klienten oder eine Verpflichtung zur Inanspruchnahme, z. B. im Sinne einer sozialrechtlichen Mitwirkungspflicht, besteht, diese Dienstleistung nicht von einer Schweigepflichtentbindung abhängig machen und ggf. eine darauf abzielende arbeitsrechtliche Anweisung unter Verweis auf die Notwendigkeit der Herleitung einer gesetzlichen Übermittlungsbefugnis zurückzuweisen versuchen;
(8) dürfen die der Schweigepflicht unterliegenden Tatsachen, Befunde und Beratungs- bzw. Behandlungsergebnisse anonymisiert weiterverwenden, sofern ausgeschlossen ist, dass Rückschlüsse auf die Klientinnen und Klienten möglich sind;
(9) dürfen nur im Rahmen ihres Auftrages Daten über Klientinnen und Klienten erheben, speichern und nutzen;
(10) sichern Aufzeichnungen jeder Art, insbesondere auf Datenträgern, gegen unrechtmäßige Verwendung oder Kenntnisnahme;
(11) gewähren Klientinnen und Klienten auf Anfrage Einblick in die Aufzeichnungen, es sei denn, dem stehen erhebliche Rechte Dritter oder erhebliche zu erwartende negative Folgen für die Klientinnen und Klienten entgegen, wobei sie eine Verweigerung des Einblicks in einzelne Unterlagen angemessen erläutern;
(12) händigen auf Wunsch von Klientinnen bzw. Klienten Dokumentationen von Tätigkeiten außerhalb der Heilkunde gegen ein entsprechendes Entgelt aus;
(13) bewahren Urmaterialien und deren Aufbereitung entsprechend den Festlegungen der Auftraggeber oder mindestens für fünf Jahre, bei heilkundlichen Tätigkeiten mindestens für zehn Jahre auf und beachten in spezifischen Arbeitsfeldern vorrangig die dort gegebenen datenschutzrechtlichen Vorgaben zum Sammeln und Vernichten von Daten;
(14) dürfen im Zusammenhang mit der Beendigung ihrer Praxis aufzubewahrende Aufzeichnungen nur mit dem Einverständnis von Klientinnen bzw. Klienten an eine Nachfolgerin der Praxis oder andere übergeben; für den Fall des Versterbens muss dafür gesorgt sein, dass die Aufzeichnungen für die Dauer der erforderlichen Aufbewahrung geschützt sind und anschließend vernichtet werden;
(15) vernichten Aufzeichnungen mit Angaben von persönlichen Daten von Klienten unter Beachtung der Aufbewahrungsfristen bei Beendigung der Berufstätigkeit beziehungsweise der Praxis;
(16) übergeben in Kliniken ihre Aufzeichnungen möglichst nur den psychologischen oder ärztlichen Nachfolgern;
(17) achten besonders auf den Privatgeheimnisschutz, indem sie auf die Nutzung diesbezüglich unsicherer Techniken verzichten (VoIP, Cloud-Speicherung etc.);
(18) regeln den Zugang zu Speicherungen jeder Art durch andere (Helfer, Angehörige als Erben, IT-Helfer, Administratoren) sorgfältig und verwenden anspruchsvolle Passwörter;
(19) achten darauf, dass Internet-Psychotherapie, psychologische Beratung, Online-Forschung und andere personenbezogene psychologische Dienstleistungen nur über verschlüsselte Verfahren ausgeführt werden dürfen.
6. Sicherung der beruflichen Kompetenzen
6.1 Grundsätze zur Sicherung beruflicher Kompetenzen
Psychologinnen und Psychologen:
(1) benötigen in ihrer Berufsausübung ethische, soziale, fachliche und persönliche Kompetenzen;
(2) eignen sich im Studium und zu Beginn ihres Berufslebens Wissen um ethische Aspekte ihres beruflichen Handelns an;
(3) achten auf die kontinuierliche Weiterentwicklung ihrer ethischen Haltungen, des Wissens um mögliche Konflikte und der fachlichen sowie persönlichen Aspekte beruflicher Kompetenz;
(4) nutzen dazu Fort- und Weiterbildungen, Fachveranstaltungen und Kongresse, Fachliteratur und Publikationen im Selbststudium sowie Formen des kollegialen Austausches wie z. B. Intervision, Supervision und Qualitätszirkel.
6.2 Die Sicherung der fachlichen und persönlichen Kompetenz
Psychologinnen und Psychologen:
(1) entwickeln ihre fachliche Kompetenz durch die Erweiterung ihres psychologischen Wissens und durch die Reflexion ihrer berufspraktischen Erfahrungen sowie ihres Wissens über die Lebenswelt von Menschen und den daraus resultierenden Konzepten;
(2) reflektieren das den jeweiligen Theorien und Denkrichtungen zugrunde liegende Menschenbild und geisteswissenschaftliche bzw. philosophische Grundverständnis, einschließlich der Differenzen zu ihrem eigenen;
(3) reflektieren ihre persönlichen Lebenserfahrungen und Einstellungen mit Hilfe wissenschaftlicher, insbesondere psychologischer Theorien und Modelle und erweitern dadurch ihre persönlichen Kompetenzanteile in ihrer Berufsausübung;
(4) streben eine möglichst hohe Kongruenz zwischen ihren ethischen Einstellungen, dem Verhalten in der Berufsrolle und ihren Handlungen und Einstellungen im sozialen Miteinander und Privatleben an;
(5) erhalten gezielt ihre Leistungsfähigkeit, insbesondere ihre kognitiven und emotionalen Kompetenzen und ihre gesundheitlichen Voraussetzungen, und vermeiden berufliche Tätigkeiten im Falle relevanter Einschränkungen ihrer beruflichen Kompetenzen.
7. Psychologie in Forschung und Lehre
7.1 Wissenschaftsfreiheit und gesellschaftliche Verantwortung
(1) Das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit (Art. 5, Abs. 3 GG) erlegt den in der Forschung und Lehre tätigen Psychologinnen und Psychologen die Verantwortung für Form und Inhalt ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit auf. Das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit ist formal unbeschränkt.
Es findet aber seine Grenze dort, wo andere Grundrechte verletzt werden. In ihrer Berufsausübung sind die in Forschung und Lehre tätigen Psychologinnen und Psychologen an ihre ethische Verantwortung gegenüber ihren Mitmenschen und der natürlichen Umwelt gebunden.
Aus dem Recht auf Freiheit von Forschung und Lehre erwächst die ethische Verpflichtung der in diesem Bereich tätigen Psychologinnen und Psychologen, Forschung und Lehre von Fremdbestimmung und wissenschaftsfremder Parteilichkeit freizuhalten. Das schließt ein, dass in der Forschung tätige Psychologinnen und Psychologen die Fragestellung ihrer Forschungsarbeit, die methodischen Grundsätze, die Ergebnisinterpretation und deren Verbreitung selbst zu verantworten haben und dass sie nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet sind, verfassungswidrige Eingriffe in diesen Verantwortungsbereich abzuwehren.
Die Anerkennung der wissenschaftlichen Leistungen Andersdenkender, Andersgläubiger, Angehöriger anderer Altersgruppen und des anderen Geschlechts, anderer sozialer Schichten und Kulturen und die Bereitschaft, eigene Irrtümer durch überzeugende Argumente, welcher Herkunft auch immer, zu korrigieren, kennzeichnen das Berufsethos der in Forschung und Lehre tätigen Psychologinnen und Psychologen in besonderem Maße.
(2) Die grundgesetzlich garantierte Freiheit der Forschung von Fremdbestimmung ist zugleich als Appell an die moralische Verantwortung der in Forschung und Lehre tätigen Psychologinnen und Psychologen zu verstehen, innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft demokratische Arbeitsformen zu fördern. Neue Fragestellungen, Denkansätze und Methoden sind ohne Rücksicht auf ihre Herkunft unvoreingenommen zu prüfen.
(3) Die vorstehenden Grundsätze gelten auch für Psychologinnen und Psychologen, die in weisungsabhängiger Stellung forschen, sowie für in der Auftragsforschung tätige Psychologinnen und Psychologen.
(4) Unbeschadet der Verantwortlichkeit Angehöriger anderer Berufsgruppen für die von ihnen im Rahmen eines Forschungsvorhabens durchgeführten einzelnen Maßnahmen tragen Psychologinnen und Psychologen als Leiter solcher Forschungsvorhaben für diese die Gesamtverantwortung.
7.2 Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis
Grundlegend für die Berufsausübung in Forschung und Lehre ist die unbedingte Redlichkeit in der Suche nach und bei der Weitergabe von wissenschaftlichen Erkenntnissen. Um gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen, verpflichten sich in Forschung und Lehre tätige Psychologinnen und Psychologen zur Einhaltung folgender Grundsätze:
(1) Sie unterwerfen ihre Forschungstätigkeit den allgemein gültigen Regeln methodischen Vorgehens und der Überprüfbarkeit von Ergebnissen. Sie sind jederzeit bereit, ihr wissenschaftliches Vorgehen entsprechend dem jeweiligen Untersuchungsziel darzustellen, zu begründen und rationaler Kritik zugänglich zu machen.
(2) Werden Forschungsvorhaben realisiert, ohne dass sie, zumeist auf dem Wege der Finanzierung, personell bzw. institutionell an Strukturen gebunden sind, die der Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis dienen, so obliegt es den Forschenden selbst sicherzustellen, dass die Durchführung solcher Vorhaben mit den wissenschaftlichen, fachlichen und ethischen Grundsätzen dieser Berufsethischen Richtlinien in Übereinstimmung steht.
(3) In Forschung und Lehre tätige Psychologinnen und Psychologen sind darum bemüht, bereits im Forschungsprozess alle verfügbaren Informationen und Gegenargumente angemessen zu berücksichtigen. Sie sind offen für Kritik und bereit, auch eigene Erkenntnisse konsequent anzuzweifeln.
(4) In Forschung und Lehre tätige Psychologinnen und Psychologen verpflichten sich, ihre Forschungsergebnisse zu dokumentieren. Sie sind bereit, wissenschaftliche Aussagen vollständig und ohne Auflagen zugänglich zu machen und so ihren Einbezug in den kumulativen Prozess der Forschung und Lehre zu gewährleisten. Diese Selbstverpflichtung gilt im Grundsatz auch für solche Forschungsergebnisse, die der eigenen Theorie bzw. den eigenen Hypothesen widersprechen oder deren Veröffentlichung aus anderen Gründen als nicht opportun erscheint.
(5) Die Beiträge von Partnerinnen und Partnern, Kolleginnen und Kollegen, Studierenden sowie Vorgängerinnen und Vorgängern zum eigenen Forschungsthema werden explizit und deutlich kenntlich gemacht.
7.3 Grundsätze für Forschung und Publikation
Die Richtlinien 7.3.2 bis 7.3.15 stellen die deutsche Adaptation der auf Forschung und Publikation bezogenen ethischen Richtlinien der APA dar („Ethical Principles of Psychologists and Code of Conduct“, American Psychologist, 2002, 57, 1060–1073; dort Standards 3.10 sowie 8.01 bis 8.15). Die APA hat der Übernahme ihrer Regeln, für die sie das Copyright besitzt, zugestimmt mit folgendem Hinweis „While the American Psychological Association has given permission to the Federation of German Psychologists Associations to utilize the APA Code of Ethics, APA has in no way advised, assisted, or encouraged the Federation of German Psychologists Associations to utilize the APA Code of Ethics. APA is in no way responsible for the Federation of German Psychologist Associations decision to utilize the APA Code of Ethics, or for any actions or other consequences resulting from such use by the Federation of German Psychologists Associations. APA is not responsible for the accuracy of your translation.“
(1) Forschung mit Menschen
Psychologische Forschung ist auf die Teilnahme von Menschen als Versuchspersonen angewiesen. Psychologinnen und Psychologen sind sich der Besonderheit der Rollenbeziehung zwischen Versuchsleiterin bzw. Versuchsleiter und Versuchsteilnehmerin bzw. Versuchsteilnehmer und der daraus resultierenden Verantwortung bewusst. Sie stellen sicher, dass durch die Forschung Würde und Integrität der teilnehmenden Personen nicht beeinträchtigt werden. Sie treffen alle geeigneten Maßnahmen, um Sicherheit und Wohl der an der Forschung teilnehmenden Personen zu gewährleisten, und versuchen, Risiken auszuschließen.
(2) Förmliche Bewilligungen
Falls Forschungsprojekte einer förmlichen ethischen Bewilligung unterliegen, liefern Psychologinnen und Psychologen präzise Informationen über ihr Forschungsvorhaben. Sie beginnen erst mit dem Forschungsprojekt, nachdem sie eine Bewilligung erhalten haben. Sie führen ihr Forschungsprojekt in Übereinstimmung mit dem bewilligten Vorgehen durch.
(3)Auf Aufklärung basierende Einwilligung in die Forschung
(a) Voraussetzung dafür, dass Psychologinnen und Psychologen persönlich, auf elektronischem Weg oder mit Hilfe anderer Kommunikationsformen Forschung durchführen, ist die persönliche Einwilligung der an der Forschung teilnehmenden Personen. Solche Einwilligungserklärungen basieren stets auf einer Aufklärung über das Forschungsvorhaben, die in verständlicher Form dargeboten wird. Hiervon ausgenommen sind solche Forschungsarbeiten, deren Durchführung durch andere Regelungen in diesen Richtlinien gedeckt ist.
(b) Psychologinnen und Psychologen müssen Personen, die von Rechts wegen nicht in der Lage sind, eine auf Aufklärung basierende Einwilligung abzugeben, dennoch (1) ihre Forschungsarbeiten angemessen erklären, (2) um deren individuelles Einverständnis nachsuchen, (3) die Prioritäten und Interessen solcher Personen berücksichtigen und (4) sich die entsprechende Genehmigung einer bevollmächtigten Person verschaffen, wenn eine solche stellvertretende Einwilligung vom Gesetz her vorgeschrieben ist. Wenn die Einwilligung einer bevollmächtigten Person vom Gesetz her nicht vorgeschrieben ist, unternehmen Psychologen geeignete Schritte, um die Rechte und das Wohlergehen des Individuums zu schützen.
(c) Psychologinnen und Psychologen dokumentieren in angemessener Weise die schriftliche oder mündliche Einwilligung, die Genehmigung und das Einverständnis.
(d) Beim Einholen der auf Aufklärung basierenden Einwilligung klären Psychologinnen und Psychologen die teilnehmenden Personen über folgende Sachverhalte auf: (1) den Zweck der Forschung; (2) die erwartete Dauer der Untersuchung und das Vorgehen; (3) ihr Recht darauf, die Teilnahme abzulehnen oder sie zu beenden, auch wenn die Untersuchung schon begonnen hat; (4) absehbare Konsequenzen der Nichtteilnahme oder der vorzeitigen Beendigung der Teilnahme; (5) absehbare Faktoren, von denen man vernünftigerweise erwarten kann, dass sie die Teilnahmebereitschaft beeinflussen, wie z. B. potenzielle Risiken, Unbehagen oder mögliche anderweitige negative Auswirkungen, die über alltägliche Befindlichkeitsschwankungen hinausgehen; (6) den voraussichtlichen Erkenntnisgewinn durch die Forschungsarbeit; (7) die Gewährleistung von Vertraulichkeit und Anonymität sowie ggf. deren Grenzen; (8) Bonus für die Teilnahme und (9) an wen sie sich mit Fragen zum Forschungsvorhaben und zu ihren Rechten als Forschungsteilnehmerinnen und Forschungsteilnehmer wenden können. Den potenziellen Teilnehmerinnen und Teilnehmern wird die Gelegenheit gegeben, Antworten auf ihre Fragen zum Forschungsvorhaben zu erhalten.
(e) Werden Forschungsarbeiten durchgeführt, die Interventionen mit experimentellem Charakter umfassen, werden die teilnehmenden Personen zu Beginn der Forschungsarbeit über Folgendes aufgeklärt: (1) den experimentellen Charakter der Intervention; (2) falls relevant, welche Angebote oder Dienste der Kontrollgruppe zur Verfügung stehen bzw. nicht zur Verfügung stehen; (3) die Kriterien, nach denen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Experimental- bzw. den Kontrollgruppen zugeordnet werden; (4) verfügbare alternative Interventionen, falls potenziell Teilnehmende nicht an der Forschungsarbeit mitwirken oder die Teilnahme vorzeitig beenden möchten, und (5), falls relevant, wer die Kosten für die durchgeführten Interventionen trägt und ob ggf. diese Kosten von den teilnehmenden Personen getragen werden oder von dritter Seite zu erstatten sind.
(4) Auf Aufklärung basierende Einwilligung für das Aufnehmen von Stimmen oder Bildern im Rahmen eines Forschungsvorhabens
Psychologinnen und Psychologen holen von den an einer Untersuchung teilnehmenden Personen eine auf Aufklärung basierende Einwilligung ein, bevor sie deren Stimmen aufnehmen oder Bilder aufzeichnen, außer (1) die Forschung umfasst nur die Beobachtung natürlichen Verhaltens im öffentlichen Raum und es ist nicht zu erwarten, dass die Aufnahme so genutzt wird, dass eine Person identifiziert wird oder Schaden nimmt; (2) das Forschungsdesign schließt Täuschung ein und die Einwilligung für die Nutzung der Aufnahmen wird im Rahmen der anschließenden Aufklärung erbeten.
(5) Klientinnen und Klienten/Patientinnen und Patienten, Schülerinnen und Schüler, Studierende sowie Psychologinnen und Psychologen unterstellte Personen als Forschungsteilnehmerinnen und -teilnehmer
(a) Wenn Forschungsarbeiten mit den oben genannten Personen durchgeführt werden, tragen Psychologinnen und Psychologen dafür Sorge, dass eine Nichtteilnahme oder die vorzeitige Beendigung der Teilnahme für die potenziell Teilnehmenden keine nachteiligen Konsequenzen haben wird.
(b) Ist die Teilnahme an Forschungsprojekten und Untersuchungen Teil der Ausbildung oder durch Prüfungsordnungen vorgeschrieben, so müssen die potenziell Teilnehmenden auf gleichwertige Alternativen zur Untersuchungsteilnahme hingewiesen werden.
(6) Verzicht auf eine auf Aufklärung basierende Einwilligung in die Forschung
Psychologinnen und Psychologen können auf eine auf Aufklärung basierende Einwilligung nur dann verzichten, (1) wenn vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass die Teilnahme an der Forschung keinen Schaden oder kein Unbehagen erzeugt, die über alltägliche Erfahrungen hinausgehen, und wenn die Forschung sich (a) auf gängige Erziehungsmethoden, Curricula oder Unterrichtsmethoden im Bildungsbereich bezieht; sich (b) auf anonyme Fragen/Fragebögen, freie Beobachtungen oder Archivmaterial bezieht, dessen Enthüllung die teilnehmenden Personen nicht den Risiken einer straf- oder zivilrechtlichen Haftbarkeit, finanzieller Verluste, beruflicher Nachteile oder Rufschädigungen aussetzt und bei denen die Vertraulichkeit gewährleistet ist; sich (c) auf Faktoren bezieht, welche die Arbeits- und Organisationseffizienz in Organisationen betreffen, deren Untersuchung keine beruflichen Nachteile für die teilnehmenden Personen haben können und bei denen die Vertraulichkeit gewährleistet ist, oder (2) wenn die Forschung anderweitig durch Gesetze und Verordnungen erlaubt ist.
(7) Anreize zur Teilnahme an Forschungsvorhaben
(a) Psychologinnen und Psychologen vermeiden übertriebene oder unverhältnismäßige finanzielle oder anderweitige Anreize bei der Anwerbung von an der Forschung teilnehmenden Personen, wenn anzunehmen ist, dass solche Anreize zu einer Teilnahme nötigen würden.
(b) Wenn berufliche Leistungen oder Dienste (z. B. Therapie, Beratung) als Anreiz zur Teilnahme angeboten werden, erläutern Psychologinnen und Psychologen die Art der Dienstleistung sowie die mit ihnen verbundenen Risiken, Verpflichtungen und Grenzen.
(8) Täuschung in der Forschung
(a) Psychologinnen und Psychologen führen keine Studie auf der Basis von Täuschung durch, es sei denn, sie sind nach gründlicher Überlegung zu dem Schluss gekommen, dass der Einsatz von Täuschungstechniken durch den voraussichtlichen bedeutsamen wissenschaftlichen, pädagogischen oder praktischen Erkenntnisgewinn gerechtfertigt ist und dass geeignete alternative Vorgehensweisen ohne Täuschung nicht zur Verfügung stehen.
(b) Psychologinnen und Psychologen täuschen potenzielle Teilnehmerinnen und Teilnehmer nicht über solche Aspekte einer Forschungsarbeit, von denen vernünftigerweise angenommen werden kann, dass sie ernsthafte physische und/oder psychische Belastungen erzeugen.
(c) Psychologinnen und Psychologen klären jede Täuschung innerhalb eines Experiments so früh wie möglich auf, vorzugsweise am Ende der Teilnahme, aber spätestens am Ende der Datenerhebung, und erlauben den teilnehmenden Personen das Zurückziehen ihrer Daten.
(9) Aufklärung der Forschungsteilnehmerinnen und Forschungsteilnehmer
(a) Psychologinnen und Psychologen informieren die an ihren Untersuchungen Teilnehmenden so bald wie möglich über das Ziel, die Ergebnisse und Schlussfolgerungen aus ihrer Forschungsarbeit, und sie unternehmen geeignete Schritte, um jedes Missverständnis, das teilnehmende Personen haben könnten und das ihnen bewusst ist, zu korrigieren.
(b) Wenn wissenschaftliche oder ethische Überlegungen es rechtfertigen, solche Informationen zu verzögern oder zurückzuhalten, ergreifen Psychologinnen und Psychologen geeignete Maßnahmen, um eventuellen Schaden und Risiken abzuwenden bzw. möglichst gering zu halten.
(c) Wenn Psychologinnen und Psychologen erfahren, dass Aspekte ihrer Forschung teilnehmenden Personen Schaden zugefügt haben, unternehmen sie geeignete Schritte, um diesen Schaden zu minimieren.
(10) Verantwortungsvoller Umgang mit Tieren in der Forschung
(a) Der Erwerb und der Umgang mit Tieren zu Forschungszwecken erfolgt von Psychologinnen und Psychologen nur unter Berücksichtigung geltender Gesetze und Verordnungen und in Übereinstimmung mit professionellen Normen und Standards.
(b) Alle Forschungsarbeiten mit Tieren werden von Psychologinnen und Psychologen überwacht, die eine Ausbildung in Forschungsmethoden erhalten haben und die Erfahrung im artgerechten Umgang mit Labortieren haben. Sie sind verantwortlich dafür, dass eine angemessene Berücksichtigung des Wohlbefindens, der Gesundheit und der artgerechten Behandlung der Tiere sichergestellt ist.
(c) Psychologinnen und Psychologen stellen sicher, dass alle Personen, die unter ihrer Aufsicht mit Tieren arbeiten, Anweisungen bezüglich der Forschungsmethoden und der Pflege, Haltung und Behandlung der Tiere entsprechend ihren Aufgaben erhalten haben.
(d) Psychologinnen und Psychologen unternehmen geeignete Anstrengungen, um körperliche Beschwerden, Infektionen, Krankheiten und Schmerzen ihrer Versuchstiere zu minimieren.
(e) Psychologinnen und Psychologen wenden Verfahren, die Tiere Schmerzen, Stress oder Entbehrungen aussetzen, nur dann an, wenn alternative Verfahren nicht verfügbar sind und das Forschungsziel durch den zu erwartenden wissenschaftlichen, pädagogischen oder praktischen Erkenntnisgewinn gerechtfertigt ist.
(f) Psychologinnen und Psychologen führen Operationen unter angemessener Betäubung durch und wenden Techniken an, um Infektionen zu vermeiden und Schmerzen während und nach der Operation zu minimieren.
(g) Sollte es erforderlich sein, das Leben eines Tieres zu beenden, handeln Psychologinnen und Psychologen schnell und mit entsprechend allgemein anerkannten Methoden, um Schmerzen zu minimieren.
(11) Darstellung von Forschungsergebnissen
(a) Psychologinnen und Psychologen erfinden und fälschen keine Daten.
(b) Falls Psychologinnen und Psychologen bedeutsame Fehler in von ihnen veröffentlichten Daten entdecken, unternehmen sie alle Schritte, um diese Fehler zu korrigieren, und zwar durch Berichtigung, Zurückziehen, Erratum oder andere angemessene Publikationsmittel.
(c) Daten, die schon früher veröffentlicht wurden, veröffentlichen Psychologinnen und Psychologen nicht als Originaldaten. Dies schließt nicht aus, dass Daten wieder veröffentlicht werden, wenn dies durch einen entsprechenden Hinweis klargestellt wird.
(12) Plagiate
Psychologinnen und Psychologen präsentieren keine Arbeiten oder Daten anderer als ihre eigenen, auch nicht, wenn diese Quelle zitiert wird.
(13) Kennzeichnung des Leistungsanteils an einer Forschungsarbeit in Publikationen
(a) Psychologinnen und Psychologen beanspruchen die Verantwortlichkeit für eine Forschungsarbeit, inklusive der Autorenschaft, nur dann, wenn sie die Arbeit selbst durchgeführt haben oder maßgeblich daran beteiligt waren.
(b) Die Erstautorenschaft oder die Mitautorenschaft spiegeln den Anteil, den eine Autorin bzw. ein Autor an der Forschungsleistung erbracht hat, korrekt wider; sie sind nicht vom beruflichen oder wissenschaftlichen Status der beteiligten Personen beeinflusst. Die bloße berufliche Position, wie z. B. die einer Lehrstuhlinhaberin bzw. eines Lehrstuhlinhabers oder der Leitung einer Forschungseinrichtung, rechtfertigt kein Anrecht auf eine Autorenschaft. Geringe Beiträge zu einer Forschungsarbeit oder zur Erstellung der Publikation werden angemessen gekennzeichnet, z. B. in Fußnoten oder im Vorwort.
(c) In der Regel ist eine Doktorandin bzw. ein Doktorand Erstautorin bzw. Erstautor eines von mehreren Autorinnen und/oder Autoren verfassten Artikels, wenn dieser hauptsächlich auf ihrer bzw. seiner Doktorarbeit basiert. Die Betreuerinnen oder Betreuer diskutieren die Autorenschaft für mögliche Publikationen so früh wie möglich und in angemessener Form im Verlauf der Forschung und Publikation mit ihren Doktorandinnen und Doktoranden. Entsprechendes gilt für andere in der Aus-, Fort- und Weiterbildung unter Betreuung entstandene Qualifikationsleistungen.
(14) Weitergabe von Forschungsdaten zum Zweck der Überprüfung
(a) Nach der Publikation von Daten halten Psychologinnen und Psychologen die Originaldaten nicht zurück, wenn andere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Schlussfolgerungen durch Reanalyse überprüfen wollen und die Daten nur zu diesem Zweck nutzen wollen. Dies gilt allerdings nur in solchen Fällen, in denen die Weitergabe der Daten erfolgen kann, ohne dass die Vertraulichkeit personenbezogener Informationen gefährdet ist, und falls keine gesetzlich geregelten Eigentumsrechte der Herausgabe entgegenstehen. Dies impliziert keine kostenlose Weitergabe von Daten; für die Weitergabe der dokumentierten Daten kann der entsprechende Aufwand in Rechnung gestellt werden.
(b) Psychologinnen und Psychologen, die von Kolleginnen und Kollegen Daten zur Reanalyse mit dem Ziel der Überprüfung der Schlussfolgerungen anfordern, dürfen diese nur zu dem in der Anfrage angegebenen Zweck verwenden. Für jeden anderweitigen Gebrauch der Daten ist eine vorherige schriftliche Genehmigung einzuholen.
(15) Gutachterinnen und Gutachter
Psychologinnen und Psychologen, die von anderen eingereichte Unterlagen für Präsentationen, Veröffentlichungen, Stipendien, Anträge auf Drittmittelförderung oder vergleichbare Zwecke begutachten, respektieren die Vertraulichkeit der erhaltenen Informationen und die Eigentumsrechte an diesen Informationen auf Seiten derjenigen, welche diese Unterlagen verfasst haben.
(16) Online-Forschung
Psychologinnen und Psychologen beachten die Richtlinien 7.3.1 bis 7.3.15 auch bei Online-Forschung. Dies gilt insbesondere für die Regelungen (1) zum Ausschluss von Täuschung bzw. Vorkehrungen, die die Kontaktaufnahme und das nachträgliche Heilen einer Täuschung sicher ermöglichen, (2) zum Ausschluss von Personenidentifikationen (auch bei Aufnahmen im öffentlichen Raum) ohne persönliche Zustimmung der Aufgenommenen sowie (3) zur Sicherheit von Datenerhebungen, -sammlungen und -übermittlungen (insbesondere über Server außerhalb der deutschen Gesetzesregelung).
7.4 Lehre, Fort- und Weiterbildung, Supervision
(1) In der Lehre ist es Aufgabe der Psychologinnen und Psychologen, den Lernenden den gegenwärtigen Stand der Wissenschaft Psychologie in objektiver und verständlicher Weise nahezubringen. Persönliche Sichtweisen sind als solche kenntlich zu machen. Bei Ankündigung und Ausführung von Lehrveranstaltungen und öffentlichen Vorträgen ist darauf zu achten, dass keine falschen Erwartungen geweckt werden.
(2) Psychologinnen und Psychologen, die in der Lehre tätig sind, sind sich der Besonderheit der Rollenbeziehung zwischen Lehrendem und Lernendem bewusst und nutzen diese nicht zu ihrem persönlichen Vorteil.
(3) Die im Verlauf der Lehrtätigkeit über Studierende und andere Teilnehmende gewonnenen persönlichen Informationen sind mit gleicher Vertraulichkeit zu behandeln wie Informationen über Klientinnen und Klienten, Patientinnen und Patienten sowie Versuchspersonen.
(4) Bei Falldemonstrationen ist besondere Rücksicht auf die Würde und das Wohl der vorgestellten Personen geboten. Im Übrigen gelten hierfür die Bestimmungen bezüglich der Stellung zu Patientinnen und Patienten. Studierende, die Falldemonstrationen beiwohnen, müssen darauf hingewiesen werden, dass sie die Anonymität der vorgestellten Personen zu wahren haben und deren Privatsphäre schützen müssen.
(5) In der Lehre tätige Psychologinnen und Psychologen werden die ihnen anvertrauten Studierenden nur insoweit dazu veranlassen, an psychologischen Versuchen teilzunehmen, als dies im Rahmen von Ausbildung und Forschung erforderlich ist. In diesem Fall ist die besondere Verantwortung gegenüber Abhängigen als Versuchspersonen zu beachten.
(6) Treten Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter oder Studierende in die Funktion von Untersuchungsleiterinnen und Untersuchungsleitern, etwa bei der Anwendung psychodiagnostischer Verfahren, so ist unbeschadet ihrer eigenen Verantwortlichkeit Sorge zu tragen, dass ihr Handeln in Übereinstimmung mit den Berufsethischen Richtlinien steht.
(7) Psychologinnen und Psychologen sollen bei Studierenden, die sie unterrichten und möglicherweise prüfen werden, keine psychologischen Beratungen oder Behandlungen gegen Entgelt durchführen.
(8) Psychologinnen und Psychologen, die an Ausbildungsprogrammen, gleich welcher Art, in lehrender oder organisatorischer Funktion beteiligt sind, sind verpflichtet sicherzustellen, dass darüber veröffentlichte Informationen korrekt sind.
(9) Im Rahmen der Lehrtätigkeit in Ausbildung, Fort- bzw. Weiterbildung und Supervision soll die Beziehung zu den Studierenden sowie Teilnehmerinnen und Teilnehmern an postgradualen Ausbildungsgängen so gestaltet werden, dass diesen kontinuierlich und ausreichend Rückmeldung über ihre Leistungen gegeben werden kann. In der Lehre tätige Psychologinnen und Psychologen bewerten die Leistungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer anhand relevanter, in den Ausbildungsprogrammen festgelegter Kriterien.
(10) Psychologinnen und Psychologen, die die postgraduale praktische Tätigkeit von Ausbildungsteilnehmerinnen und Ausbildungsteilnehmern oder jüngeren Kolleginnen und Kollegen supervidieren, sind verpflichtet, sich mit den vorliegenden Berufsethischen Richtlinien vertraut zu machen und deren Einhaltung zu überwachen.
(11) Im Rahmen der Fort- bzw. Weiterbildung, Supervision oder spezieller Trainings ist es in der Lehre tätigen Psychologinnen und Psychologen nicht gestattet, Ausbildungsteilnehmerinnen und Ausbildungsteilnehmer direkt oder indirekt zur Enthüllung persönlicher Informationen aufzufordern. Wo die Selbstenthüllung ein regulärer Bestandteil einer Trainingsprozedur ist, muss die Teilnahme an einer solchen Übung freiwillig erfolgen, nachdem bereits vor der Übung die Zustimmung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer eingeholt wurde.
(12) In der Lehre tätige Psychologinnen und Psychologen sollen postgraduale Ausbildungsteilnehmerinnen und Ausbildungsteilnehmer oder jüngere Kolleginnen und Kollegen, die in einem Abhängigkeitsverhältnis zu ihnen stehen, nicht selbst psychotherapeutisch oder in anderer Form behandeln. Eine Ausnahme bilden solche Fälle, in denen dies mit der ausdrücklichen Zustimmung der Ausbildungskandidatinnen oder Ausbildungskandidaten zum ausschließlichen Zwecke der Ausbildung in diesem Verfahren geschieht.
8. Psychologinnen und Psychologen in Berufsfeldern der Angewandten Psychologie
8.1 Allgemeine Geltung der ethischen Aussagen im beruflichen Handeln
Für Psychologinnen und Psychologen, die in hier nicht aufgeführten Arbeitsbereichen tätig sind, gelten die grundlegenden Aussagen der Kapitel 1–4, 6, 10–11. Die spezifischen Aussagen in den Kapiteln 5 und 7–9 gelten analog entsprechend der konkreten Art ihrer jeweiligen Tätigkeit.
8.2 Gutachten und Untersuchungsberichte
Psychologinnen und Psychologen, die gutachterlich tätig sind:
(1) pflegen eine größtmögliche sachliche und wissenschaftliche Fundiertheit, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit bei der Erstellung und Verwendung von Gutachten und Untersuchungsberichten;
(2) fertigen Gutachten und Untersuchungsberichte frist- und formgerecht unter Einhaltung der „Richtlinien für die Erstellung Psychologischer Gutachten“ von BDP und DGPs in ihrer jeweiligen Fassung an;
(3) fertigen Gutachten und Untersuchungsberichte so an, dass sie für die Adressaten inhaltlich nachvollziehbar sind;
(4) gewähren begutachteten Personen auf deren Wunsch Einsichtnahme in Gutachten und Untersuchungsberichte und befürworten solche erwünschten Einsichtnahmen, sofern für die begutachtete Person kein gesundheitlicher Schaden zu befürchten ist, es sei denn, dass ein Auftraggeber dazu keine Einwilligung gibt, und informieren die begutachteten Personen, falls der Auftrag zu einem Gutachten eine Einsichtnahme von vornherein ausschließt;
(5) enthalten sich der Erstellung von Gefälligkeitsgutachten und der Abgabe von Gutachten im eigenen Namen, die von Dritten ohne eigene Mitwirkung erstellt sind;
(6) geben Stellungnahmen zu Gutachten von Kolleginnen unter Berücksichtigung der Aussagen dieser Berufsethischen Richtlinien zum Verhältnis zu Berufskolleginnen ab (vgl. 4.4).
8.3 Berufsausübung in eigener Praxis
Psychologinnen und Psychologen, die ihren Beruf selbstständig ausüben:
(1) vollziehen diesen auf der Basis einer eigenen Praxis, erfüllen dabei die jeweils erforderlichen Vorgaben zur Anmeldung ihrer Unternehmensform und bezeichnen ihr Unternehmen so, dass keine unangemessenen Vorstellungen geweckt werden; z. B.
(a) verzichten sie dabei auf Bezeichnungen, die eine bevorzugte Stellung der eigenen Praxis vortäuschen (z. B. „Beratungsstelle“, „Zentrale“, „Zentrum“);
(b) verwenden sie anspruchsvolle Bezeichnungen wie z. B. „Institut“ nur dann, wenn personelle Besetzung, Ausstattung und Arbeitsweise der Praxis dies rechtfertigen;
(2) statten ihre Praxen bedarfsgerecht aus;
(3) trennen Räumlichkeiten ihrer Praxis von ihrem privaten Lebensbereich.
8.4 Gemeinsame Ausübung einer selbstständigen Berufstätigkeit
Psychologinnen und Psychologen:
(1) können sich auch mit Angehörigen anderer Freier Berufe zwecks gemeinsamer Berufsausübung, gemeinsamer Nutzung von Einrichtungen, Praxisräumen u. Ä. und gemeinsamer Beschäftigung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in allen möglichen Rechtsformen zusammenschließen;
(2) schließen im Fall der Gründung einer Gesellschaft einen schriftlichen Gesellschaftsvertrag, der die Einhaltung ihrer Berufsethischen Pflichten aus diesen Richtlinien gewährleistet;
(3) machen im Fall der Gründung einer GbR oder PartG in der Außendarstellung (z. B. Praxisschild, Briefkopf, Webseite) alle Gesellschafter und die Rechtsform kenntlich und wahren für Klientinnen und Klienten und andere Nutzer ihrer Dienstleistungen die freie Wahl eines Geschäftspartners;
(4) weisen Klienten und andere Nutzer ihrer Dienstleistungen auf Haftungsregelungen hin;
(5) stellen Unterlagen und Aufzeichnungen über Klienten den Partnern/Gesellschaftern nur dann zur Verfügung, wenn eine entsprechende zustimmende Erklärung des Klienten zuvor schriftlich eingeholt wurde;
(6) übertragen Dienstleistungen an Kolleginnen und Kollegen, die sie im Anstellungsverhältnis oder als freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen, nur mit Zustimmung der Nutzer von Dienstleistungen.
9. Psychologinnen und Psychologen mit heilkundlicher Berufstätigkeit
9.1 Rechtliche Grundlagen zur Durchführung heilkundlicher Berufstätigkeiten
Heilkundlich tätige Psychologinnen und Psychologen:
(1) diagnostizieren und behandeln anerkannte Störungen mit Krankheitswert;
(2) führen heilkundliche Tätigkeiten auf der Basis der jeweils geltenden rechtlichen Grundlagen und gesetzlichen Zulassung sowie der erworbenen Fachkenntnisse durch;
(3) handeln entsprechend ihren berufsrechtlichen Verpflichtungen und unterliegen bei beruflichen Vergehen den zuständigen Aufsichtsbehörden;
(4) werden bei Verstößen gegen diese Berufsethischen Richtlinien unabhängig von anderen Verfahren durch ein zuständiges Ehrengericht zur Rechenschaft gezogen (siehe 11.2), wobei im Falle gerichtlicher oder berufsgerichtlicher Verfahren die Verfahren nach diesen Richtlinien ausgesetzt werden und die zwischenzeitlich erfolgenden Verurteilungen und Strafen bei der Entscheidungsfindung nach Wiederaufnahme berücksichtigt werden.
9.2 Besondere Verantwortung in beruflichen Beziehungen zu Patientinnen und Patienten
Heilkundlich tätige Psychologinnen und Psychologen beachten die Grundsätze zur besonderen Verantwortung in Beziehungen zu Klientinnen und Klienten (vgl. Kap. 5) und:
(1) pflegen eine besondere Sorgfalt in der Gestaltung ihrer Beziehungen zu Patientinnen und Patienten;
(2) weisen im Informationsprozess über mögliche Behandlungsmaßnahmen besonders ausführlich auf eventuelle Risiken, auf Alternativbehandlungen und gegebenenfalls auf Einschränkungen hin, z. B. im Wissen zur Therapieeffektivität oder bei der Vertraulichkeit;
(3) gewähren innerhalb einer beruflichen Gemeinschaft potenziellen Patientinnen und Patienten freie Therapeutenwahl;
(4) gewähren Patientinnen und Patienten das Recht, ohne Gegenwart eines Dritten von einer Psychologin oder einem Psychologen behandelt zu werden;
(5) behandeln Störungen mit den bestmöglichen Therapieverfahren und beachten das Recht von Patientinnen und Patienten auf die nach dem neuesten wissenschaftlichen Stand bestmögliche Behandlung;
(6) holen zu Beginn längerfristiger heilkundlicher Behandlungen, in Zweifelsfällen und auf Wunsch von Patientinnen bzw. Patienten ein ärztliches Konsilium ein oder leiten ärztliche Mitbehandlungen ein;
(7) beenden Behandlungen, wenn sie erkennen, dass Fortsetzungen von heilkundlichen Behandlungen zu keiner weiteren Gesundung oder sogar zu einer Gesundheitsgefährdung von Patientinnen und Patienten führen können;
(8) gehen mit ihren Kindern, Stiefkindern und anderen nahen Verwandten keine berufliche Beziehung heilkundlicher Art ein;
(9) ermöglichen bei vorzeitiger Beendigung von Behandlungen und dadurch eintretenden Gesundheitsgefährdungen, dass Patientinnen und Patienten Fortbehandlungen erhalten können;
(10) erstellen über Beratungen und Behandlungen aussagefähige Aufzeichnungen;
(11) bewahren psychologische Aufzeichnungen über heilkundliche Tätigkeiten mindestens zehn Jahre auf;
(12) vernichten bei Praxisaufgabe oder Beendigung der Berufstätigkeit Aufzeichnungen unter Beachtung der Aufbewahrungsfristen und geben Aufzeichnungen nur mit Zustimmung der Patientinnen bzw. Patienten an eine/einen die Praxis übernehmende(n) Psychologin/Psychologen weiter;
(13) geben nur mit Zustimmung der Patientinnen und Patienten sachdienliche Aufzeichnungen oder deren Zusammenfassung an Kollegen heraus, wenn diese eine Beratung oder Behandlung fortsetzen;
(14) übergeben in Kliniken oder anderen Einrichtungen bei eigener Beendigung von Behandlungen Aufzeichnungen möglichst nur den psychologischen oder ärztlichen Nachfolgerinnen oder Nachfolgern;
(15) gewähren ihren Patientinnen und Patienten auf deren Wunsch Einblick in die sie betreffenden Aufzeichnungen, es sei denn, dem stehen überwiegende Rechte entgegen;
(16) sind sich der Möglichkeit von Machtverhältnissen und Abhängigkeiten in Patientenbeziehungen bewusst;
(17) gehen während einer Behandlung und anschließend keine über den therapeutischen Rahmen hinausgehenden persönlichen Beziehungen zu Patientinnen und Patienten und deren Bezugspersonen ein, insbesondere keine intimen und sexuellen Beziehungen (StGB § 174c);
(18) achten in besonderem Maße auf die Pflege ihrer fachlichen Kompetenz und bilden sich kontinuierlich fort, insbesondere in ihren Tätigkeitsbereichen.
10. Psychologinnen und Psychologen in der Gesellschaft
10.1 Grundsätze zu öffentlichen Informationen über die Berufsausübung
Als Angehörige eines Freien Berufes bieten Psychologinnen und Psychologen ihre Dienstleistungen unter fachlichen und nicht unter gewerblichen Gesichtspunkten an.
Psychologinnen und Psychologen:
(1) dürfen über ihre Dienstleistungen und ihre Person informieren, soweit die Angaben sachlich unterrichten, berufsbezogen sind und keine Erfolg versprechenden oder irreführenden Aussagen enthalten;
(2) dürfen Praxisbroschüren, Rundschreiben, Informationsseiten im Internet und andere vergleichbare Informationsmittel einsetzen, soweit sie keine Erfolgs- und Umsatzzahlen entgegen der Branchenüblichkeit wiedergeben;
(3) dürfen mit Zustimmung von Auftraggeberinnen und Auftraggebern auf Klientinnen und Klienten sowie Aufträge hinweisen, jedoch nicht auf Patientinnen und Patienten, Zeugnisse oder Gutachten der eigenen Praxis;
(4) sorgen dafür, dass Dritte für sie keine Werbung betreiben, die ihnen selbst verboten ist, und dass auch Einrichtungen, in denen sie arbeiten, die Vorschriften über Informationen in der Öffentlichkeit beachten;
(5) dürfen sich in Verzeichnisse aufnehmen lassen, soweit diese der Information von Klientinnen und Klienten über Behandlungsmöglichkeiten dienen;
(6) dürfen für heilkundliche Tätigkeiten keine potenziellen Patientinnen und Patienten direkt werben.
10.2 Inhalte von öffentlichen Informationen über die Berufsausübung
Psychologinnen und Psychologen:
(1) dürfen auf ihre berufliche Tätigkeit werbend hinweisen, wenn sich die Werbung auf die sachliche Vermittlung des beruflichen Angebots beschränkt;
(2) weisen auf eine gemeinsame Berufsausübung (im Sinne von 8.4) mit entsprechender Kennzeichnung der Rechtsform hin;
(3) benennen bei einer GbR oder PartG die Namen und Berufsbezeichnungen aller Gesellschafter;
(4) dürfen im Fall gemeinsamer Berufsausübung Namen von Kolleginnen und Kollegen, die sich zur Ruhe gesetzt haben oder verstorben sind, weiterhin bis zu zwölf Monaten benennen, sofern dazu vorher ein Einverständnis abgegeben wurde;
(5) dürfen auf erworbene psychologische oder berufsbezogene Aus- und Weiterbildungen und Zertifikate sowie auf Tätigkeitsschwerpunkte und Zielgruppen hinweisen;
(6) dürfen auf fremdsprachliche Kenntnisse hinweisen;
(7) dürfen Tätigkeitsschwerpunkte und Zielgruppen nur benennen, wenn sie darin bzw. mit diesen mindestens zwei Jahre nachhaltige Erfahrungen gewonnen haben;
(8) dürfen über ihre Qualifikationen, Berufslaufbahn, wissenschaftlichen Veröffentlichungen und anhand wissenschaftlich fundierter Aussagen über ihre Dienstleistungsmaßnahmen schriftlich informieren;
(9) dürfen nicht mit Heilerfolgen werben und ebenfalls nicht auf wissenschaftlich nicht fundierte oder unzureichend entwickelte Verfahren hinweisen;
(10) dürfen wissenschaftliche Berichte in Verbindung mit dem eigenen Namen in Fachzeitschriften veröffentlichen;
(11) dürfen über ihre Möglichkeit, spezielle Verfahren, Techniken und andere Mittel durchzuführen oder anzuwenden, andere Psychologinnen und Psychologen unterrichten.
10.3 Informationswege
Psychologinnen und Psychologen in selbstständiger Praxis informieren auf einem Praxisschild und/oder auf einer Webseite mindestens über die für ihre Inanspruchnahme erforderlichen Daten, insbesondere über ihre Erreichbarkeit.
10.4 Auftreten in der Öffentlichkeit
Psychologinnen und Psychologen können in der Öffentlichkeit mündlich und schriftlich, durch die Versendung von Materialien per Post, Fax und E-Mail, über das Internet oder mittels anderer Medien etc. beratend oder kommentierend tätig werden. Sie:
(1) gründen ihre Aussagen und Ratschläge auf zuverlässigem, validem, wissenschaftlich fundiertem Wissen und anerkannter psychologischer Praxis;
(2) begrenzen ihre Aussagen auf sachliche Information, wobei die eigene Person und Praxis nicht werbend hervorgehoben werden;
(3) achten darauf, dass die Persönlichkeitsrechte aller Menschen in der Öffentlichkeit gewahrt bleiben, und enthalten sich diagnostischer Beurteilungen über einzelne Personen ohne deren ausdrückliche Aufforderung.
11. Schlussbestimmungen
11.1 Verbindlichkeit der Berufsethischen Richtlinien
(1) Diese Berufsethischen Richtlinien sind für alle verbindlich, die sich entweder als Mitglieder von BDP oder DGPs oder im Rahmen eines Zertifikates dieser Organisationen oder eines anderen Zusammenhangs mit der Zustimmung einer der Organisationen schriftlich auf ihre Einhaltung verpflichtet haben.
(2) Unabhängig von einer gerichtlichen Ahndung werden Verstöße gegen die oben stehenden Richtlinien durch das Ehrengericht der Deutschen Gesellschaft für Psychologie e. V. (DGPs) bzw. durch das Ehrengericht des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen e. V. (BDP) verfolgt. Im Falle des Berufsverbandes (BDP) regelt Näheres die Ehrengerichtsordnung.
11.2 Inkrafttreten
Diese gemeinsamen Berufsethischen Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Psychologie e. V. und des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen e. V. wurde am 4.6.2016 von der Delegiertenkonferenz des BDP und am 21.9.2016 von der Mitgliederversammlung der DGPs verabschiedet und treten an die Stelle der „Ethischen Richtlinien“ der Föderation Deutscher Psychologenverbände aus dem Jahr 1999 in der Fassung vom Mai 2004.