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Kooperationsförderung für Jungmitglieder 2022 der Fachgruppe Rechtspsychologie

Im Jahr 2022 hat die Jungmitgliedervertretung der Fachgruppe Rechtspsychologie erneut eine Kooperationsförderung für ihre Jungmitglieder ausgeschrieben. Das Ziel besteht darin, die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftler:innen verschiedener Institutionen sowie zwischen Praktiker:innen und Wissenschaftler:innen zu fördern.

Mit ihrer geplanten Forschungsarbeit über den Zusammenhang von Lockerungsgewährung, Lockerungsmissbräuchen und Behandlungsfortschritt im Maßregelvollzug nach § 64 StGB erhielten Louisa Neumann (Klinik für forensische Psychiatrie und Psychotherapie, KRH Psychiatrie Wunstorf) und Merten Neumann (Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen e.V.) die maximale Fördersumme von 1000€ zur unterstützenden Finanzierung von Open Access Gebühren einer Publikation in der Zeitschrift Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform.

Vollzugslockerungen sind in Deutschland ein zentraler Bestandteil der Behandlung im Maßregelvollzug nach § 64 StGB. Gerade im Rahmen einer kognitiv-behavioral orientierten Behandlung von straffällig gewordenen Personen mit Suchtproblematik gelten Vollzugslockerungen aus verschiedenen Gründen als ein wichtiges Mittel, um den Behandlungsfortschritt zu fördern: Zunächst bieten sie die Möglichkeit, Erfolge in der Therapie auch in einem weniger geschlossenen Rahmen zu prüfen und damit zu festigen. Außerdem soll die Aussicht auf Lockerungen und die Lockerungsgewährung selbst die Motivation steigern an Behandlungsangeboten in der Einrichtung aktiv teilzunehmen. Zudem ist auch davon auszugehen, dass das höhere Ausmaß an Autonomie negativen psychischen und physischen Folgen des Freiheitsentzuges entgegenwirkt und so die Kooperationsbereitschaft der Patient:innen gesteigert wird. Auf lange Sicht sollten diese positiven Auswirkungen auf die Behandlung sich dann auch auf die Zeit nach Entlassung auswirken und dabei helfen das Risiko für kriminelle Rückfälligkeit zu reduzieren. Während der Gewährung von Lockerungen kann es auch zu Missbräuchen dieser Freiheiten kommen, wie bspw. Entweichungen, Substanzmittelkonsum oder erneuter Straffälligkeit. Diese Lockerungsmissbräuche können Risiken für die Gesellschaft aber auch die Patient:innen bergen. Problematisch ist, dass sich zu den Einflüssen von Vollzugslockerungen und Lockerungsmissbräuchen auf den Behandlungsverlauf kaum empirischen Untersuchungen finden lassen.

Das Ziel des Kooperationsprojekts war eine wissenschaftliche Publikation zu ebenjener Fragestellung. Die Stichprobe besteht aus 157 Patient:innen, welche nach § 64 StGB untergebracht waren und im Zeitraum von 2006 bis 2016 größtenteils das erste Mal unbegleitete Lockerungen erhielten und dafür von einem Prognose-Team der Niedersächsischen Prognosekommission untersucht wurden. Die Studie untersucht in einem Prä-Post-Design mit einem 6-monatigen Follow-up den Behandlungsfortschritt. Es wurde eine zwei-faktorielle ANOVA mit Messwiederholung als Innersubjekt-Faktor und Lockerungsmissbräuchen als Zwischensubjekt-Faktor, sowie post-hoc t-Tests gerechnet. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass nach der Gewährung von unbegleiteten Lockerungen der Behandlungsfortschritt von Patient:innen steigt. Jedoch können Lockerungsmissbräuche einen negativen Einfluss auf den Behandlungsverlauf haben.

Um Open Science-Gesichtspunkte zu berücksichtigen, werden mit der Veröffentlichung des Artikels auch die Daten, sowie das R-Skript der Auswertung online zur Verfügung gestellt.